Schwere Schlappe für Disney-Chef

43 Prozent der Aktionäre stimmen gegen Michael Eisner. Exsenator George Mitchell neuer Mäusesheriff

NEW YORK taz ■ Obwohl der Konzern noch in letzter Minute Konzessionen gemacht hatte, wurde es das schlimmste Ergebnis in der Wirtschaftsgeschichte der USA: 43 Prozent der Aktionäre verweigerten am Mittwoch dem umstrittenen Disney-Chef Michael Eisner die Zustimmung.

Dabei war Eisners Macht schon vor der Wahl erheblich geschrumpft. Eine Stunde vor Beginn der Hauptversammlung hatte die Walt Disney Co. angekündigt, dem Vorstandschef, der den Unterhaltungskonzern seit 1984 lenkt, einen eigenen Chairman als Leiter des Aufsichtsrates zur Seite zu stellen. Bisher hatte Eisner als Chairman und Chief Executive das Disney-Board, den kombinierten Vorstand und Aufsichtsrat, allein geführt.

Gerade weil diese vor allem von den mächtigen institutionellen Anlegern geforderte Änderung vor dem Wahlgang bekannt gegeben wurde, ist Eisners Schlappe ein gewaltiger Sieg für die Exvorstände Roy Disney und seinen Kumpel Stanley Gold, die beide im Dezember aus Protest gegen Eisner abgetreten waren und seitdem den Aufstand gegen den Disney-Chef probten. Vor den etwa 3.000 Aktionärsvertretern, die zur Hauptversammlung nach Philadelphia gepilgert waren, wiederholten die beiden Dissidenten noch einmal ihre Klage über die despotischen Methoden des Mäusekönigs: Unter Eisner seien die Gewinne eingebrochen, er aber verdiene wie ein Fürst. Der Aktienkurs sei immer tiefer gerutscht. Und das feindliche Übernahmeangebot des Kabelfernsehriesen Comcast die Antwort auf diese kastrophale Geschäftspolitik. „Wir gehen nicht weg, bis Herr Eisner weg ist“, sagte Gold.

Eisner verteidigte sich dagegen bis zum bitteren Ende: Der 61-Jährige beteuerte mit heiserer Stimme, dass es mit Disney wieder bergauf gehe: Der Aktienpreis sei seit Jahresanfang um 40 Prozent gestiegen, der Gewinn werde sich 2004 um 30 Prozent steigern. – Zu spät: Nach der Versammlung forderte auch die einflussreiche kalifornische Pensionskasse Calpers, dass Eisner seine Sachen packen solle.

An diesem Todesurteil wird auch die Trennung der Spitzenpositionen wenig ändern. Der neue Chairman heißt George Mitchell. Bei seiner Wahl haben sich 24 Prozent aller Stimmberechtigten enthalten – der zweitgrößte Misstrauensantrag nach Eisner. Denn der ehemalige US-Senator und Nordirland-Unterhändler galt schon im alten Aufsichtsrat als jemand, der Eisner nach der Pfeife tanzt.

Dass Eisner den Misstrauensantrag der Investoren bislang überhaupt überlebte, hat er auch Comcast zu verdanken. Disney habe sich nicht getraut, ihn während des feindlichen Übernahmeversuchs rauszuschmeißen. Comcast bot am Mittwoch an, sich mit Disneys Direktoren an einen Tisch zu setzen. Doch die schlugen ab: Es gebe nichts, worüber man sich unterhalten könne. HEIKE WIPPERFÜRTH