Aus Janolo wird Janogol

Regionalliga-Hockeyspieler Jan Heinze reichte ein Telefongespräch, um peruanischer Nationalspieler zu werden – und Torschützenkönig bei der Südamerika-Meisterschaft

taz: Herr Heinze, wie kommt ein Regionalligaspieler aus München in die peruanische Nationalmannschaft?

Jan Heinze: Ich habe eine doppelte Staatsbürgerschaft, mein Vater ist Deutscher, meine Mutter Peruanerin. Im Internet habe ich erfahren, dass Peru an den südamerikanischen Meisterschaften teilnimmt. Ein paar Links weiter fand ich die Telefonnummer des Präsidenten des peruanischen Hockeyverbandes. Ich habe ihn spontan angerufen und gesagt, dass ich für Peru Hockey spielen möchte. Nach ein paar Tagen hat er mich zu einem Lehrgang eingeladen.

Und Sie sind hingeflogen.

Ja, ich habe mich für zwei Monate von meinem Job als Unternehmensberater befreien lassen und bin nach Lima geflogen, um mich vorzustellen. Beim Training hat sich dann relativ schnell gezeigt, dass ich die Mannschaft verstärken kann.

Gibt es noch andere Spieler im Team, die im Ausland spielen?

Ein Spieler lebt in Chile, einer in den USA, zwei weitere spielen in England. Ansonsten besteht die Mannschaft überwiegend aus Vereinsspielern aus Lima.

Wie hat die Mannschaft auf Ihren etwas unkonventionellen Weg ins Team reagiert?

Ich bin sehr herzlich aufgenommen worden. Und die Tatsache, dass sich jemand auf die Homepage des Verbandes verirrt und sich durch einen Anruf für die Nationalmannschaft qualifizieren möchte, fanden alle sehr witzig. Das hat mir eher geholfen als geschadet.

Sie sind bei den Meisterschaften mit Peru dann hinter den südamerikanischen Hockey-Großmächten Argentinien und Chile gelandet. Was bedeutet der dritte Platz?

Der zählt für uns wie ein Turniersieg, denn abgesehen von Argentinien und Chile haben wir Gegner mit einer wesentlich besseren Hockeyinfrastruktur geschlagen. Wir sind sehr stolz auf dieses Ergebnis. Außerdem haben wir uns damit für die Copa de las Americas in Kanada im nächsten Jahr qualifiziert und können so auch auf weitere staatliche Unterstützung für unser Team zählen.

Am Ende war es aber ganz schön knapp.

Ja, wir mussten unser letztes Spiel gegen Paraguay mit sieben Toren Unterschied gewinnen. Es war eine sehr spannende Situation. Aber jeder in der Mannschaft wollte Berge versetzen, die Konzentration und der Zusammenhalt waren unglaublich. So ist es uns geglückt, hocheffizient zu spielen. Dass ich mit vier Toren zum 8:1-Sieg gegen Paraguay beitragen konnte, war für mich einer der schönsten Augenblicke meiner sportlichen Karriere.

Was bedeutet Ihnen der Sprung in die Nationalmannschaft?

Es ist ein einzigartiges Gefühl, für sein Land spielen zu dürfen. Ich bin unendlich stolz, zu dieser Mannschaft zu gehören. Und natürlich ist diese ganze Geschichte für mich auch das schönste Comeback überhaupt: Nach einer praktisch im Hockeysport verlebten Jugend hatte ich erst vor relativ kurzer Zeit wieder zum Hockey zurückgefunden – nach zehn Jahren Pause.

Beruflich zieht es Sie demnächst nach Madrid. Wie geht es mit Ihrer sportlichen Karriere weiter?

Mein Ziel ist, in der ersten spanischen Liga zu spielen. Mit der Nationalmannschaft ist dieses Jahr eine Lehrgangsreise nach Argentinien und Uruguay geplant. Davon abgesehen werde ich mich in die weitere Entwicklung des Hockeysports in Peru einschalten.

Hätten Sie lieber das deutsche anstelle des peruanischen Nationaltrikots übergestreift?

Ehrlich gesagt kann ich mir momentan kein schöneres Gefühl vorstellen, als für Peru und mit meinen Leuten da drüben Hockey zu spielen. Und dabei geht es eben nicht nur um den Sport, sondern auch um das Lebensgefühl, die Bindung untereinander und die Freude, die man sich gegenseitig bereitet.

Mit insgesamt sechs Treffern haben Sie die Hälfte aller peruanischen Tore geschossen und wurden erfolgreichster Torjäger Ihrer Mannschaft. Wie hat das Team darauf reagiert?

Die Freude nach dem Schlusspfiff war euphorisch – südamerikanisch eben. Abgesehen davon, hat man meinen Spitznamen „Janolo“ kurzerhand in „Janogol“ geändert. Es war alles ein Traum.

INTERVIEW: MARTIN GROPP