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Problemzonenprotokolle

Gebt Perschau eine Freikarte: Das Schnürschuh Theater läuft schließungsbedroht mit dem Aufklärungsklassiker „Was heißt hier Liebe?“ zu Höchstform auf – fantasievoll, witzig und bunt

„Hallo Paula, ich bin’s, dein Arsch.“ Wenn sich Problemzonen unaufgefordert zu Wort melden, werden Teenager-Albträume wahr. Zum ersten Mal verknallt, und dann fängt auch noch der eigene Arsch an zu reden. Na gut.

Doch es gibt ja noch die beste Freundin, die ist immer da. Wenn nicht grade der nervige „Klette“ an ihr rumhängt. Aber der aufregendste ist halt sowieso Paul: verklemmt, verrückt, aber sexy. Und wie Paula und Paul sich näher kommen, wird in „Was heißt hier Liebe?“ erzählt.

Spielfreudig und fantasievoll präsentiert sich das Schnürschuh-Ensemble unter Kurt Wobbes Regie. Mit unverdrossenem Humor schütteln die vier Akteure eine überraschende Pointe nach der anderen aus dem Ärmel, alles unter dem Damoklesschwert der beschlossenen Schnürschuh-Schließung.

Die Sex-Initiation „Was heißt hier Liebe?“ ist die denkbar beste Möglichkeit, alle vorhandenen Qualitäten des Theaters aufs Neue unter Beweis zu stellen.

Picklige Dreizehnjährige, nörgelnde Nachbarn

Schön, wenn gleich zu Beginn unter den vieren die Teenie-Rollen aufgeteilt werden („Wir sind doch alle viel zu alt, egal“).

Picklige Dreizehnjährige treffen auf nörgelnde Nachbarn, Aufklärungsbesserwisser und vor allem gleichaltrige Konkurrenten. Ein unvorstellbares Konfliktpotential! Die „Sexfronten“ verlaufen heute zwar anders als 1976 zu Uraufführungszeiten. Aber spielend wird ausgeglichen, was in der Thematik manchmal ein wenig altbacken daher kommt.

Das erste Problem ist die böse Gesellschaft mit ihren Tabus. Dann die ganzen Missverständnisse und Unsicherheiten. Die ewigen Fragen: Wie spreche ich sie an? Wie schaffe ich es, dass sie auf mich steht?

Orgi ist ein willkommener Gast

Aber wozu gibt es denn Schüler-Parties? Paula tanzt, Paul trinkt Cola; Kommentar aus dem Off: „So lässt sich kein Blumentopf gewinnen, und schon gar keine Frau. Doch jetzt bewegt er sich in Richtung Tanzfläche, geht auf Paula zu, und… holt sich eine neue Cola. Das darf doch wohl nicht wahr sein!!!“

Doch, es ist wahr. Aber alles wird gut, denn „was macht Paul? Endlich tanzt er, und was ist das? Eine völlig neue Schrittkombination! Paula ist hin und weg!“

Und so kommt es, wie es kommen soll, das alliterierende Paar findet sich. Auch des lange erwarteten Ersten Males wird das Publikum teilhaftig, und amüsiert ob des Einfallsreichtums freut man sich über den schließlich über die Bühne wandelnden lebenden Orgasmus Orgi: „Psst… ich werde erwartet.“ Robert Best

Schnürschuh: Was heißt hier Liebe? Nächste Aufführungen: 10. 3., 9.30 Uhr und 11. 3., 20 Uhr. Danach noch elfmal bis zum 27. 5. Karten: ☎ 04 21/55 54 10, Infos: www. schnuerschuh-theater.de

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