Es gibt kein Bier mehr im Bunker

Der Kulturbunker in Köln-Mülheim sucht einen Pächter für die Gastronomie. Dessen Pachtzahlungen werden gebraucht, um den Betrieb aufrecht zu halten. Dazu ist auch ein Stadtteilkino geplant

VON INGRID BÄUMER

Die düstere Fassade mit den wenigen – nachträglich ausgebrochenen – Fenstern lässt nicht erahnen, was im Inneren passiert. Wer abends die Berliner Straße entlang schlendert, fragt sich, ob im Mülheimer Kulturbunker überhaupt noch etwas läuft. Zwar dringt Licht durch die Eingangstür nach draußen. Aber die Kneipe im großen Glasvorbau, eigentlich das Glanzstück des Gebäudes, liegt im Dunkeln. „Vor über einem Jahr mussten wir dem Pächter kündigen“, erklärt Andreas Vetter, Vorstandsmitglied im Kulturbunker Mülheim e.V. Der alte Pächter habe die Öffnungszeiten nicht eingehalten, auch finanziell habe es nicht gestimmt. „Wir suchen nach wie vor einen Nachfolger – bisher erfolglos, denn momentan grassiert in der Gastronomie eher die Pleitewelle“. Eine gut laufende Kneipe würde mit den Pachteinnahmen das Konto des Vereins füllen und zusätzliches Publikum ins Haus bringen.

Geld hat der Bunker dringend nötig. „Wir brauchen jedes Jahr 80.000 Euro. Dann kam der Sparhaushalt und 20.000 Euro pro Jahr wurden gestrichen. Diesen Einschnitt muss man erst einmal wett machen“, so Martina Tenten, eine der zwei fest angestellten Mitarbeitern und zuständig für das Hausmanagement. Die Betriebskosten für das fast fensterlose Gebäude seien enorm: Schon Tage vor einer Veranstaltung müssten Heizung oder künstliche Belüftung eingeschaltet werden.

Der Bunker stand schon einmal, nachdem ihn die Stadt mit Millionenaufwand umgebaut hatte, auf der Kippe. „Die Stadt wollte eigentlich, dass wir uns nach einer Anschubfinanzierung ab Ende 2001 allein über Wasser halten. Dass das nicht machbar ist, haben wir sehr schnell bemerkt“, resümiert Vetter. Allerdings gab es auch hausgemachte Probleme, etwa ein krudes Programmangebot. In einer Krisensitzung wurde sogar überlegt, ein Wissenschaftsmuseum einzuquartieren. Eine Kraftanstrengung war nötig, um wieder Kredit zu bekommen. „Erst Anfang 2003 beschloss der Rat, den Bunker mit Betriebskostenzuschüssen zu unterstützen.“

Der Verein soll jetzt weitgehend mit Eintrittsgeldern über die Runden kommen. Außerdem kann man die Räume für kommerzielle Zwecke mieten. Die dicken Wände beherbergen Gruppen, die scheinbar nicht unter ein Dach passen. „Wir haben hier Techno-Partys und Abi-Partys, die bringen etwas ein“, macht Tenten die Bunker-eigene Mischkalkulation auf. „Aber wir bleiben für finanziell Schwache offen – zum Beispiel für Laientheatergruppen. Bands können bei uns günstig Proberäume mieten.“ Platz ist für Kommunionsfeiern, für afrikanische Gospel-Gottesdienste und für Henna-Parties – die türkische Variante des Junggesellenabschieds.

Kunstausstellungen, Theater und Autorenlesungen: Die Top-Acts kann sich der Verein wegen hoher Honorarforderungen nicht leisten. „Wir arbeiten mit Künstlern zusammen, die für einen Anteil der Eintrittsgelder auftreten“, sagt Till Kniola, zuständig für Events. „Wir müssen schon aufpassen, dass wir nicht letzten Endes nur noch Schützenfestvereine zu beherbergen, weil die gut bezahlen“, grinst Vetter. Noch im März soll ein Stadtteilkino geöffnet werden, das es im Rechtsrheinischen nicht gibt. Vetter denkt an Diskussionsrunden zu kontroversen Themen, „zum Beispiel Thema Kopftuch an Schulen“. Der ehemalige Luftschutzbunker soll zum Ort der Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus werden.

2005 entscheidet der Rat wieder über die Zuschüsse für den Bunker. Den Kommunalwahl-Termin Ende 2004 vor Augen, betont Vetter: „Die Politik muss sich entscheiden, ob sie das Kulturangebot im Kölner Nordosten erhalten will. Wenn ja, kommt sie nicht um den Bunker herum!“