Argentinien steckt in der Schuldenfalle

Die Regierung weigert sich, Kredite an den Internationalen Währungsfonds zurückzuzahlen – und riskiert den Bankrott

BUENOS AIRES taz ■ Die nächste Runde Argentinien gegen den Internationalen Währungsfonds (IWF) ist eröffnet: Heute muss Argentinien eine Kreditrate in Höhe von 3,1 Milliarden US-Dollar an den IWF zurückzahlen. Präsident Néstor Kirchner will den Betrag aber nur dann überweisen, wenn das Geld vom IWF refinanziert wird. Denn das hatte der Fonds noch im vergangenen September in einem Abkommen mit Argentinien zugesichert. Und mit den knappen Währungsreserven, die Ende vergangener Woche etwas mehr als 15 Milliarden US-Dollar ausmachten, will Kirchner seine Schulden nicht begleichen.

Doch es ist gegenwärtig alles andere als sicher, ob der IWF Argentiniens Schulden refinanzieren wird. Dafür müsste das Direktorium jetzt beschließen, dass auch Argentinien das Abkommen mit dem Fund einhält. Dazu prüfte eine IWF-Delegation in den vergangenen zwei Wochen die Bücher. Sie nahm zur Kenntnis, dass Argentinien allein im Januar mit 1,6 Milliarden Pesos (457 Millionen Euro) einen weit höheren Haushaltsüberschuss erwirtschaftet hat, als mit dem IWF für die ersten drei Monate des Jahres vereinbart war.

Doch die Makroökonomie ist gar nicht das schwerwiegendste Problem. Es sind die Auslandsschulden Argentiniens in Höhe von 81 Milliarden Dollar, die den IWF vergrätzen. Anfang 2002, als das Land wirtschaftlich kollabierte, hatte sich Argentinien zahlungsunfähig gemeldet. Bislang hat die Regierung den Schuldendienst nicht wieder aufgenommen.

Vor allem die G-7-Staaten, darunter auch Deutschland, drängen die argentinische Regierung im IWF dazu, mit „gutem Willen“ mit seinen privaten Gläubigern zu verhandeln. Die Anleger sind nämlich nachhaltig sauer, weil die Regierung im letzten Dezember einen 75-Prozent-Abschlag auf Bonds vorgeschlagen hatte – und nicht nachbessert. Präsident Kirchner fürchtet, er könne mit einem höheren Schuldendienst das Wachstum seines krisengebeutelten Landes abwürgen.

Jetzt macht auch die gegenwärtige IWF-Chefin Anne Krueger Druck. Sie bemängelt, dass Argentinien zwar ein Bankenkonsortium zur Abwicklung der Umschuldung ernannt habe, das Dekret dafür aber noch nicht unterschrieben habe. Ob der IWF die heute fällig werdende Schuld refinanziert, ließ sie bislang denn auch offen.

Kirchner steckt somit in einem Dilemma: Sollte er nicht bezahlen, wäre Argentinien nach einem Monat Gnadenfrist gegenüber dem IWF zahlungsunfähig. Damit würden sämtliche Kreditlinien multilateraler Organisationen wie der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank gekappt. Und Argentinien wäre von jeglicher Außenfinanzierung abgeschnitten.

INGO MALCHER