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Schlangenbeschwörung

Glänzender Pflegefall: Lawrence Renes ordnet mit den Philharmonikern die Klanggipfel der Achten zum Dom

Seine Liebe zum spätromantischen Repertoire mit seinen „sinfonischen Riesenschlangen“ – so ein zeitgenössisches Urteil über Anton Bruckners Werke –zeigte Generalmusikdirektor Lawrence Renes nach der Wiedergabe von Gustav Mahlers Neunter und Bruckners Achter nun erneut mit dessen ebenso überdimensionaler Fünften. Der Komponist hatte sie einst selbst als „kontrapunktisches Meisterwerk“ bezeichnet – und wie der Komponist diesen Kontrapunkt geradezu buchstabenhaft zelebriert, als arbeite er sich 50 Jahre nach Beethovens Neunter an dieser und an der gesamten Musikgeschichte ab, ist ein Ereignis für sich.

Die grandiose Komplexität des eineinviertelstündigen Werkes mit seinen drei Adagio-Teilen, der motivischen Verknüpfung aller Sätze, dem augenzwinkernden Zitieren österreichischer Ländlermusik, der Reihung von immer unerhörteren Dynamik-Gipfeln scheint Renes nicht bloß entgegenzukommen. Ihm gelingt es sogar, diese berserkerhaften Wuchtungen zu disponieren und zu gestalten. Vielleicht zerfiel der erste Satz ein wenig, was freilich schon in der Komposition liegt, die sich so ganz bewusst den Atem für das Finale aufspart: Das hätte aber dann schärferer und entschiedenerer interpretatorischer Konturen bedurft.

Besonders überzeugend gelang der dritte Satz, in dem Bruckner die Idylle in die nackte Katastrophe führt. Überragend dann der gewaltige letzte Satz. Ein echter „Klangdom“, wie Bruckners Musik auch genannt wurde. Ein Meilenstein in der mit dem vormaligen Generalmusikdirektor Günter Neuhold begonnenen Bruckner-Pflege der Bremer Philharmoniker.

Ute Schalz-Laurenze

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