Hängt die Schneelöwen raus!

Mit einer Bürgeraktion „Zeigen Sie Flagge“ wollen Tibet-Aktivisten auf das Unrecht auf dem Dach der Welt aufmerksam machen. Berlin als buddhistischer Hotspot ist dazu prima geeignet. Am Samstag gibt’s die dazu passende Demo

VON ADRIENNE WOLTERSDORF

Das Land in durchschnittlich 4.000 Meter Höhe hat alles, was einen Staat so ausmacht: Es gibt Banknoten, Briefmarken, ein tibetisches Telefonbuch, eine eigene Sprache und eine Regierung. Nur ist dieses Land kein echter Staat, sondern, wie die Internetseite der Exilregierung in Dharamsala, Indien, mitteilt, eine „chinesische Kolonie“.

Vor 45 Jahren, in den Tagen des März, verübten chinesische Truppen, in dem Bestreben die Tibeter unter Kontrolle zu bringen, grausame Massaker an der Bevölkerung und zahllosen Mönchen.

Genau heute, am 10. März, sollte der damals 15-jährige Dalai-Lama – allein – in das Armeelager der chinesischen Volksbefreiungsarmee kommen. Ein nach den zahlreichen Scharmützeln der vorangegangenen Monate höchst alarmierender Vorgang. Um seinen Gottkönig zu schützen, stellten sich daher rund 300.000 Tibeter um den Norbulinka-Palast am Rand von Lhasa auf. Tage später gelang Seiner Heiligkeit die heimliche Flucht ins indische Exil, sein Volk jedoch wird seitdem mit eiserner Hand von Peking aus regiert.

Dieses Tags wollen nun einige tibetische Exilorganisationen gedenken. So ruft die International Campaign for Tibet (ICT), eine weltweit agierende Organisation, mit ihrem Berliner Büro dazu auf: „Zeigen Sie Flagge“.

Man bitte alle Freunde Tibets, heute die tibetische Flagge aus dem Fenster zu hängen, sagt Dechen Pemba, 25, im Londoner Exil aufgewachsene Tibeterin und Mitarbeiterin bei ICT. Die für die Freiheit Tibets wehende Flagge zeigt in ihrer Mitte einen verschneiten Berg, das Symbol für das tibetische Volk. Links und rechts davon zwei Schneelöwen, die den Stolz und die historischen Errungenschaften des Bergvolkes symbolisieren. Über ihnen bilden rote und blaue Strahlen den Himmel, die sechs tibetischen Urstämme repräsentierend. „Die Flagge ist aus Baumwolle und kann klein und leicht zusammengefaltet werden, zum Mitbringen für eine Tibetdemonstration oder für eine Tibet-Party“, lässt das ITC die Sympathisanten wissen. Tragbarkeit ist wichtig, denn für Samstag ruft das ICT zu einer Demonstration gegen die chinesischen Besatzer Tibets auf. Treffpunkt ist natürlich die Botschaft der Volksrepublik China an der Jannowitzbrücke.

Der Flaggen-Absatz, so Pemba, sei „Wahnsinn gewesen“, allein 350 Stück in den letzten Wochen. Die junge Aktivistin ist zufrieden und hofft, dass in diesem Jahr mindestens 500 Demonstranten kommen werden. Bereits seit 1996 habe es europaweit jährlich eine Beflaggungsaktion in Kommunen gegeben, an der sich rund 500 Rathäuser beteiligten. Jetzt soll erstmalig in Deutschland zu einer Bürgeraktion aufgerufen werden. „In Berlin gibt es zwar nur 18 Tibeter, aber viele Buddhisten, mehrere buddhistische Zentren und damit viel Unterstützung für Tibet, sagt Dechen Pemba.

Tibet-Info: www.savetibet.org Demo: Samstag, 12 Uhr, Jannowitzbrücke. Außerdem heute Abend: „Im Griff der roten Kaiser“, Doku-Film- und Diskussionsabend um 20 Uhr im Kino Moviemento, Kottbusser Damm 22