In jedem steckt ein kleiner Stifter

Gute Vorsätze gibt es bereits reichlich, Geld aber noch nicht. Der Verein Bürgerhilfe gründet auf ungewöhnlichem Weg eine Stiftung für Obdachlose – um zum Beispiel die erste Mietkaution zu sponsern, wenn das Sozialamt versagt

Was tun, wenn man eine stabile Versorgung für Obdachlose und Alkoholkranke sichern will? Man gründet eine Stiftung. Aber so einfach geht das – ohne einen reichen Stifter – natürlich nicht. Der Kreuzberger Verein Bürgerhilfe will daher nun viele kleine Stifter zu anwerben. Mit einer großen Kampagne sollen im kommenden Monat 70.000 Euro Startkapital gesammelt werden.

„Wir sind ein Novum“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Thomas Treupl: „Bei uns gibt es zuerst eine Idee und dann die Stifter. Jeder kann sich daran beteiligen.“ Der Vorteil: Die Vermögenserträge aus der Stiftung ermöglichen eine kalkulierbare Finanzierung der Arbeit. Und „wir sind nicht ewig dem Willen des einen Stifters verpflichtet“.

Der Verein Bürgerhilfe leitet bisher in Berlin vier Einrichtungen für Obdachlose und Alkoholkranke: Wärmestube, Nachbarschaftshilfe sowie Häuser für therapeutisches und betreutes Wohnen. Diese Einrichtungen werden zum größten Teil durch Zuwendungen der Bezirke finanziert. Mit den Erträgen aus der Stiftung soll künftig soziale Hilfe geleistet werden, die darüber hinausgeht.

Wie diese Hilfe genau aussehen soll, bleibt jedoch im Vagen. Vereinsvorsitzender Horst Gedack spricht von „Einzelfallhilfe in der Übergangszeit in die Sesshaftigkeit“ und nennt als Beispiel einen Fernseher, dem man einem Bedürftigen aus dem Topf bezahlen könne. Denn dazu fehlen dem Verein bislang die Mittel. Denkbar wäre auch, dass die Stiftung einem zuvor Obdachlosen eine Mietkaution für die erste eigene Wohnung finanziert.

Klingt ein wenig nach Almosen. Ist dafür nicht das Sozialamt zuständig? „Die Leute sind anspruchsberechtigt und haben das auch schwarz auf weiß. Aber eine Mensch, der über ein Vokabular von 800 Wörtern verfügt, wird auf dem Sozialamt doch einfach abgewimmelt.“ Diese Versorgungslücke soll die Stiftung schließen.

Bisher liegt der Kontostand jedoch bei null, gibt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Treupl zu. Selbst mit dem angestrebten Gründungkapital von 70.000 Euro wären die monatlichen Zinserträge mager. „Natürlich brauchen wir noch sehr viel mehr Geld“, sagt Treupl.

Die sich nun gründende Bürgerhilfe ist nicht die erste Stiftung in Berlin, die sich für Obdachlose einsetzen will. Auch die Obdachlosenärtzin Jenny de la Torre hat 2002 eine Stiftung gegründet, mit der sie künftig gesundheitliche Einrichtungen für Obdachlose finanzieren will.

Machen sich die vielen Stiftungen nicht unnötig Konkurrenz? Der Vereinsvorsitzende Gedack wünscht sich sogar mehr Stiftungen in der Obdachlosenhilfe. Gedack, der auch stellvertretender Landesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft ist, bedauert, dass die Spenderkultur hierzulande noch nicht so ausgeprägt ist wie im angelsächsischen Raum. Dazu seien aber bessere Abschreibungsmöglichkeiten nötig. Doch Gedack betont: „Aus der langfristigen Sicherung sozialer Einrichtungen darf sich der Staat nicht zurückziehen.“ WIBKE BERGEMANN

www.kultur-des-helfens.de