Verfahrene Vorwürfe

Ein Versuch der Grünen, dem Finanzsenator Vetternwirtschaft vorzuwerfen, geht nach hinten los. Statt Fakten nur Vermutungen. Trotzdem soll BVG-Vorstand gehen

Die Grünen fordern den Senat auf, den Vorstand der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) „unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen“. Einen entsprechenden Antrag hat die Fraktionsspitze dem Abgeordnetenhaus vorgelegt. Er wird mit „skandalösen Praktiken in der Führungsspitze der BVG“ begründet, die zu überhöhten Gehältern in den oberen Managerebenen geführt hätten.

In einer Pressemitteilung erheben Fraktionschef Volker Ratzmann und der verkehrspolitische Sprecher, Michael Cramer, überdies den Vorwurf, Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) habe Weggefährten gezielt in die Spitzen städtischer Unternehmen geschleust. „Sarrazins Old-Boys-Network plündert Berlin“, heißt es in der Mitteilung. Angeblich seien Freunde Sarrazins als Berater, Aufsichtsräte oder Chefs bei der BVG, den Bäderbetrieben, Vivantes, verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften und der Berliner Gesellschaft zum Controlling der Immobilien-Altrisiken (BCIA) untergekommen.

In einem Telefonat mit Ratzmann hatte Sarrazin die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Es gebe nur zwei direkte Kontakte: Horst Föhr, der derzeit die BVG in Personalfragen berate, sei mit ihm gemeinsam Vorstand bei der Deutschen Bahn AG gewesen. Und BCIA-Chef Peter Hohlbein sei ein enger Mitarbeiter bei der bundeseigenen Treuhandliegenschaftsgesellschaft gewesen.

Die Pressemitteilung ging gestern Morgen per Fax an die Redaktionen, nachdem am Abend zuvor ein anonymes Schreiben über die angeblichen Seilschaften Sarrazins die taz erreichte. Die darin aufgestellten Behauptungen erwiesen sich nach taz-Recherchen als nicht belastbar. Grünen-Fraktionschef Ratzmann sagte, die Pressemitteilung sei als Begleitschreiben zu dem Antrag seiner Fraktion zu verstehen. Im Antrag finden sich jedoch keine Behauptungen, die auf Vetternwirtschaft schließen lassen. Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der PDS, sagte: „Wenn die Grünen Korruption vermuten, sollen sie Beweise vorlegen.“ TDE