Pop-Linke rückt vor

Bernadette La Hengst, Ex-Sängerin von „Die Braut haut ins Auge“, untersucht im Polittbüro den Erlebnispopulismus. Menschenleere Arbeitsämter werden zu Arenen, in denen die Opfer nur darauf warten, entertaint zu werden

Im Polittbüro tut sich was. Nachdem die üblichen Verdächtigen aus dem Kabarett-Genre dort seit letztem September eine weitere Spielstätte gefunden haben und Thomas Ebermann in seiner monatlichen „Vers- und Kaderschmiede“ mit vor allem szenischen Lesungen linke Literatur vorstellt, rückt die Pop-Linke der Hansestadt an. Ende März tragen Schorsch Kamerun (Goldene Zitronen) und Rocko Schamoni (unter anderem bekannt als Pudel-Club-Betreiber) ihre Hommage an Jules Valles vor, einem Bohemien der Pariser Commune. Und heute und morgen bringt Bernadette La Hengst das Solostück Die Liebespopulistin auf die Polittbüro-Bühne.

Bernadette Hengst war in den 90er Jahren Gitarristin und Sängerin der Band Die Braut haut ins Auge. Nach der Auflösung der Band machte sie sich selbständig und legte 2002 mit Der schönste Augenblick in deinem Leben ihr erstes Soloalbum vor. Seitdem ist Bernadette Hengst nicht mehr nur als Musikerin aktiv. Mit dem Schwabinggrad Ballett interveniert sie zusammen mit vielen anderen MusikerInnen immer wieder auch im politischen Raum, mobilisiert gegen die Olympia-Bewerbung der Hansestadt und organisiert Auftritte in Flüchtlings-Camps. Als „Weihnachtsparade des deutschen Einzelhandels“ mischte sie sich auch in die Auseinandersetzungen um den Bauwagenplatz Bambule ein und beteiligte sich an Aktionen gegen das Demonstrationsverbot in der Hamburger City.

In dem Stück Die Liebespopulistin spielt Bernadette Hengst eine Seminarleiterin für Rhetorik und Erlebnispopulismus. Unterlegt mit viel Musik und unterstützt durch Videoprojektionen hält sie an allen passenden und unpassenden Orten populistische Reden. In menschenleeren Arbeitsämtern, in charismatischen Kindertagesstätten, in benebelnden Biosupermärkten oder verschneiten Fußgängerzonen. Wo immer sie auftaucht, entsteht eine Rede-Arena, in der sie mal Petra Kelly, die friedensbewegte Grünen-Mitbegründerin, mal den antisemitischen Ex-CDU-Mann Martin Hohmann oder auch den ehemaligen Hamburger Innensenator Ronald Schill sprechen lässt. Entstanden ist das Stück in einer Zusammenarbeit mit Till Mueller-Klug (Die sprechende Droge), der vor allem durch seinen Poetry Slam auf sich aufmerksam gemacht hat.

Dirk Seifert

Heute und morgen, 20 Uhr, Polittbüro