Alle für Auslandsarmee

Die weltweite Einsatzbereitschaft der Bundeswehr kritisiert im Bundestag nur noch die PDS. Union und Rot-Grün streiten um Geld und Heimatschutz

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF

Zum ersten Mal hat der Bundestag gestern über die geplante Neuausrichtung der Bundeswehr diskutiert. Dabei waren sich von CSU bis zu den Grünen alle Fraktionen im Wesentlichen einig. Die Bundeswehr soll zu einer mobilen und flexiblen Truppe umgebaut werden, die weltweit einsatzfähig ist. Natürlich nur im Dienst für den Weltfrieden, wie Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) betonte. Deutschland, stellte Struck klar, werde sich nicht „ohne Not in die Angelegenheiten anderer Staaten einmischen“. Als er am Ende seiner Regierungserklärung den Kölner Kardinal Meisner zitiert und sagt, die Bundeswehr sei „die größte Friedensbewegung Deutschlands“, klatschen auch die Grünen – und Beinahe-Bundespräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bekundet nicht nur für diesen Satz Strucks die „volle und uneingeschränkte Zustimmung“.

Gegenstimmen? Eine. Die Abgeordnete Gesine Lötzsch (PDS) wirft Rot-Grün vor, eine „weltweit einsetzbare Interventionsarmee“ zu bilden. Mit der neuen Aufgabenstellung der Bundeswehr verabschiede sich die Regierung vom Auftrag der Verfassung. „Im Grundgesetz heißt es“, sagt die PDS-Politikerin in ihrer Rede, „der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ Durch die rot-grüne Politik jedoch, so Lötzsch, bestehe „die Gefahr, dass die Bundeswehr zum wichtigsten Instrument deutscher Außenpolitik wird“. Während Milliarden für Auslandseinsätze ausgegeben würden, kürze die Regierung den Etat des Goethe-Instituts, kritisierte die direkt gewählte PDS-Politikerin.

Die großen Oppositionsparteien und die Regierung stritten sich um ganz andere Sachen. CDU und CSU haben zwar nichts gegen verstärkte Bundeswehreinsätze im Ausland, sie sorgen sich aber darum, dass Rot-Grün darüber die Verteidigung des Landes vernachlässigt. Und sie wollen, dass die Soldaten auch im Inland tätig werden dürfen, um die Bevölkerung zu schützen. Es könne doch wohl nicht richtig sein, dass die Bundeswehr überall auf der Welt, „nur nicht in unserem Lande selbst“ eingesetzt werden dürfe, sagte Schäuble. Für ihn eine gute Gelegenheit, um zu zeigen: Er ist wieder mittendrin im politischen Geschäft. Die präsidiale Pose eines Kandidaten für das höchste Staatsamt schnell wieder abgelegt, spitzte Schäuble die Debatte zu. Eine Grundgesetzänderung müsse her, damit die Streitkräfte auch im Inland terroristischen Gefahren begegnen könnten. Und – natürlich – mehr Geld müsse her, damit die Bundeswehr beides bewältigen könne: die Aufgaben im Ausland und den Schutz der Heimat. „Sie verweigern die notwendige Vorsorge für die Sicherheit“, warf er Struck vor. Dabei hatte der Minister doch beteuert: „Der Schutz Deutschlands bleibt eine Kernaufgabe der Bundeswehr.“

Die Forderungen der Union nach Übernahme von Polizeiaufgaben im Inland durch Soldaten wies Struck zurück. Hilfeleistungen im Inland, etwa bei Katastrophen, werde es weiterhin geben, aber „Hilfstruppe der Polizei“ werde die Bundeswehr nicht.

So bleibt es bei den Kernzielen der Struck-Reform: Verringerung der Bundeswehr auf 75.000 Zivilisten und rund 250.000 Soldaten, gegliedert in „Eingreif-“, „Stabilisierungs-“ und „Unterstützungskräfte“. Die Einsatzdauer im Ausland wird auf vier Monate verkürzt, weitere 100 Standorte im Inland geschlossen. Das grüne Lieblingsthema, die Abschaffung der Wehrpflicht, wird erst einmal vertagt.