staatsverschuldung
: Sieben magere Jahre

Das Leben bleibt erträglich, weil Ideologien immer wieder an der Realität scheitern. Lange galt der Maastricht-Vertrag von 1992 mit seinen Geboten für die Begrenzung der öffentlichen Schulden als ehernes Gesetz. Doch der erfolglose Versuch von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), ihn einzuhalten, und dieses Eingeständnis gegenüber seinen EU-Kollegen zeigt: Im Pakt von Maastricht wurden aus einer bestimmten historischen Situation nur Rückschlüsse mit begrenzter Tragweite gezogen.

Kommentarvon HANNES KOCH

Diese können die neue Lage jetzt nicht mehr abbilden. Die Weigerung des Ministers, einen neuen Zeitpunkt für die Konsolidierung der Staatshaushalte jenseits des bisherigen Zieles 2006 zu nennen, bedeutet einen kleinen Epochenwechsel. Maastricht stammt aus einer anderen Zeit.

Damals hofften die Konservativen, mit ihrer klassischen Wirtschaftstheorie von der Selbstregulierung der Märkte und der finanzpolitischen Enthaltsamkeit des Staates anhaltendes Wachstum herbeizaubern zu können. Doch in Deutschland explodierte die Neuverschuldung, nicht nur wegen der deutsch-deutschen Einheit, sondern auch weil die Kohl-Kabinette und -Minister die nötige Konsolidierung nur als Inflationsbekämpfung verstanden. Mehrausgaben durften nicht mit der Notenpresse finanziert werden. Aber immer mehr Schulden zu machen fanden sie nicht so problematisch.

Die SPD schon. So hat sie Schuldenvermeidung zu ihrem Credo gemacht und erfreuliche Anfangserfolge erzielt. Doch die Zeiten des Wachstums, in denen das möglich war, sind vorbei. Ökonomen sprechen bereits von „sieben mageren Jahren“. Ein globaler Aufschwung, der auch Deutschland mitreißt, ist nicht in Sicht. In derartigen Zeiten wäre es falsch, wenn sich der Staat aufs Sparen beschränkte.

Im Gegensatz zur konservativen Theorie sollte man aber nicht ein Defizitziel, sondern ein Ausgabenziel definieren. Wie viele zusätzliche Mittel wollen wir uns leisten, und vor allem wofür? Legen die Regierungen ihre Ausgaben in Abhängigkeit vom zu erwartenden Bruttoinlandsprodukt fest, könnte das zwei Aspekte miteinander verknüpfen. Einerseits würde die Binnennachfrage gestärkt, ohne die die Ökonomie nicht in Schwung kommt. Andererseits können die Defizite auch wieder abgebaut werden, wenn das Wirtschaftswachstum über das Schuldenwachstum steigt. Dazu ist nur Disziplin verlangt. Das Gute: Nach der Ideologie kommt oft der Kompromiss, mit dem man leben kann.