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off-kino Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet

Der eigentlichen Handlung seines Kinderromans „Das fliegende Klassenzimmer“ hat Erich Kästner zwei Kapitel vorangestellt: Zum einen beschreibt er dort das nicht unbeträchtliche Problem, mitten im Sommer eine Wintergeschichte zu verfassen, und zum anderen erläutert er zunächst einmal das Hauptmotiv seines Buches. Das, so Kästner, ist nämlich die Freundschaft: etwas, das manchmal auch Probleme mit sich bringe, weshalb die Internatsstory auch keineswegs immer nur eine lustige Geschichte sei. Die gar nicht einmal besonders kleine Vorrede des Autors verdeutlicht sehr schön, warum Kästners Jugendbücher immer aktuell geblieben sind: Der Schriftsteller besaß die Fähigkeit, Kinder mit großer Leichtigkeit ernst zu nehmen, ohne dabei je zu vergessen, was den eigentlichen Spaß an der Jugend ausmacht.

Die jüngste Verfilmung von „Das fliegende Klassenzimmer“ (Regie: Tomy Wigand) ist – nach den Filmen von 1954 und 1973 – bereits die dritte Bearbeitung des 1933 erschienenen Buches. Da musste man zwangsläufig einiges verändern, modernisieren und streichen (dass ein Schüler keine 20 Mark hat, um an Weihnachten mit dem Zug zu seinen Eltern zu fahren – ein großer melodramatischer Moment des Romans – wäre heute wohl eher etwas lächerlich), doch viele der zentralen Episoden tauchen relativ unverändert wieder auf: die Entführung Kreuzkamms durch rivalisierende Schüler und seine Befreiung aus dem Keller, die Schneeballschlacht sowie die große Mutprobe des kleinen Uli. Während der Roman allerdings keine wirkliche Hauptfigur besitzt, rückt der Film Jonathan Trotz (Rauke Diekamp) in den Mittelpunkt der Geschichte und erfindet noch gleich eine Freundschaft Jonathans mit der „Bandenchefin“ Mona (Teresa Vilsmaier). Doch wenn dieser Handlungsstrang gelegentlich zu abrupt abbricht und die Rückblenden in die Jugend des Lehrers Dr. Bökh (Ulrich Noethen) arg illustrativ wirken: Die Kinder spielen die Geschichte mit Schwung, und auch das erwachsene Personal überzeugt – Kästner ist eben nahezu unverwüstlich.

„Das fliegende Klassenzimmer“ 16. 5.–21. 5. in den Hackeschen Höfen 5, Neues Kant, Titania Palast, Kinocenter Spandau; 17. 5.–18. 5. im Cosima, Filmtheater am Friedrichshain; 18. 5. im Thalia 2

Vor rund zwanzig Jahren konnte man im Fernsehvorabendprogramm einmal jene Serials bewundern, in denen John Wayne vor seinem großen Durchbruch in den frühen 30er-Jahren aufgetreten war: Noch etwas unbeholfen turnte sich der Duke da durch standardisierte Western-Plots, überlebte aber logischerweise sämtliche Cliffhanger, welche diese Form der Unterhaltung eben so zu bieten hatten. Im Jahr 1939 erlöste John Ford seinen späteren Lieblingsdarsteller aus der B-Picture-Verbannung und engagierte Wayne für die Rolle des sympathischen Revolverhelden Ringo in „Stagecoach“, einer Geschichte um die Erlebnisse einer Gruppe von sehr unterschiedlichen Reisenden, die einen – sehr spektakulären – Indianerüberfall abzuwehren haben. Der Film machte den nunmehr ganz „coolen“ Wayne zum Superstar, der der Rolle des gebrochenen „Good-bad“-Helden noch für lange Zeit verhaftet blieb, ehe er in den 50er-Jahren zur konservativen Ikone avancierte, dem geradezu archetypischen Amerikaner mit rauer Schale und weichem Kern.

„Stagecoach“ (OF) 19. 5. im Arsenal 2

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Dem Theaterregisseur ist sein „Führer“ nicht echt genug: „Für mich sehen Sie nur aus wie ein Mann mit einem kleinen Bart.“ Die Antwort des Darstellers lässt nicht auf sich warten: „Das ist Hitler doch auch nur.“ 1942 inszenierte Ernst Lubitsch die Geschichte einer Theatertruppe, die in Widerstandsaktivitäten gegen die Nazis verstrickt wird, in „To Be or Not to Be“ als eine durch und durch frenetische Farce, die dem faschistischen Wahn sarkastischen Humor entgegensetzt. „Heil Hitler!“ erschallt es hier vielstimmig durchs Gestapo-Hauptquartier, als auch schon der Führer höchstpersönlich zur Tür hereintritt: „Ich heil mich selbst!“

„To Be or Not to Be“ (OF) 21. 5. im Arsenal 2

LARS PENNING

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