Die Mitte-rechts-Regierung wackelt

Angesichts der jüngsten Unruhen und neuer Streiks in dieser Woche sind Neuwahlen im kommenden Jahr möglich

Die rechtskonservative Koalition in Athen verfügt nur über eine Mehrheit von einer Stimme

BERLIN taz ■ Die rechtskonservative Regierung unter Ministerpräsident Costas Karamanlis gerät durch die jüngsten Unruhen erneut in die Bredouille. Im Parlament verfügt die Koalition lediglich über eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Es ist nicht nur der gewaltsame Protest von radikalen Jugendlichen oder linken Gruppen, der der Regierung gefährlich werden könnte. Viele Bürger sind mit der Wirtschaftspolitik des Landes nicht einverstanden. Erst im Oktober hatten die Gewerkschaften mit einem Generalstreik gegen die Wirtschaftspolitik der Konservativen protestiert. Der Flug-, Bahn- und Fährverkehr kam zum Erliegen. Anwälte und Journalisten legten die Arbeit nieder. In den Krankenhäusern konnte nur ein Notdienst aufrechterhalten werden. Nach Angaben der griechischen Gewerkschaftsverbände waren mehrere hunderttausend Menschen dem Streikaufruf gefolgt. Schon am kommenden Mittwoch wollen die Gewerkschaften einen neuen Streik gegen die Regierung führen. In Meinungsumfragen liegen die oppositionellen Sozialisten derzeit deutlich vor der Regierungskoalition.

Angesichts der drohenden Streikwelle und der Dimension der gewalttätigen Proteste gegen die Polizeiübergriffe schließen Beobachter nicht mehr aus, dass die Regierung Karamanlis dazu gezwungen sein könnte, schon im nächsten Jahr Neuwahlen auszurufen.

Unmittelbar dürfte die weitere Entwicklung davon abhängen, wie schnell Regierung und Staatsanwaltschaft Untersuchungsergebnisse zu den tödlichen Schüssen auf den Jugendlichen vorlegen. Es erscheint – im Gegensatz zu früheren Fällen – nicht mehr möglich, dass die staatlichen Organe den genauen Tathergang vertuschen und versuchen, die Polizei aus der Schusslinie zu nehmen. Schon am Sonntagabend versammelten sich im Athener Zentrum erneut Jugendliche und Autonome, um die Unruhen gegen die Regierung fortzuführen. In der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise machen sie gerade die konservative Regierung für ihre düsteren Zukunftsaussichten verantwortlich. Zumindest in dieser Argumentation befinden sie sich in der Nähe zu den Gewerkschaften. Keine guten Aussichten für das Überleben der Mitte-rechts-Regierung.