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Rätselraten bis zuletzt

Ein Nachmittag inmitten sich verdichtender Gerüchte: Enthüllung der neuen Senatsmannschaft durch Bürgermeister Ole von Beust verzögerte sich, weil in der CDU-Fraktion offenbar außergewöhnlicher Gesprächsbedarf herrschte

von Peter Ahrens

Das Rätselraten dauerte bei Redaktionsschluss noch an. Gestern Abend hat Bürgermeister Ole von Beust (CDU) nach einer unplanmäßig langen Sitzung der CDU-Bürgerschaftsfraktion sein neues Senatsteam vorgestellt. Und zumindest die Besetzung des Schulressorts war bis zuletzt ein Geheimnis der trauten CDU-Runde gewesen, die das Personal in den vergangenen zwei Wochen ausgesucht hat. Nur, dass es eine Frau werden sollte, drang nach außen.

Als Favoritin galt jedoch die Berliner Pädagogikspezialistin Alexandra Dinges-Dierig, die zuvor im baden-württembergischen Kultusministerium bereits politische Erfahrung sammelte und zuletzt im Landesinstitut für Bildung und Medien tätig war. Sie soll den schwierigsten Job, den dieser Senat zu vergeben hat, künftig managen. Und von Beust kann damit gleich seine Frauenquote von zwei auf drei Mitglieder im Männersenat verbessern.

Als so gut wie sicher galt gestern abend zumindest der Aufstieg von Polizeidirektor Udo Nagel an die Spitze der Innenbehörde. Auch diese Personalie war bis zuletzt wie ein Staatsgeheimnis gehütet worden.

Zuvor war schon durchgesickert, dass die neue Kultursenatorin Karin von Welck heißen soll, aus Berlin kommt und bisher als Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder fungierte. Neben dem Freiherrn als Bürgermeister nun eine Freifrau als Kultursenatorin: Karin von Welck war bereits vor zwei Jahren als Senatorin im Gespräch, soll damals aber mit Hinweis auf Ronald Schill, mit sie nicht zusam-menarbeiten wollte, abgesagt haben. Im Gegensatz zu der Vorgängerin Dana Horáková werden ihr Fingerspitzengefühl und beste Kontakte in die Kulturszene nachgesagt.

Keine Überraschung ist, dass der bisherige Fraktionsvorsitzende der Bürgerschaft, Michael Freytag, in den Senat wechseln wird. Das hatten die Spatzen schon seit Tagen von den Dächern gesungen. Freytag soll das erweiterte Ressort für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung leiten. Er erhält mit den ihm zugeteilten Themen Wachsende Stadt und Hafen-City nicht nur Kompetenzen aus der Wirtschaftsbehörde hinzu, ihm wird auch die Umweltpolitik zugeschlagen. Die Behörde für Umwelt und Gesundheit verliert damit ihre Eigenständigkeit.

Die Gesundheitspolitik, also unter anderem die Mitverantwortung für die Zukunft des Landesbetriebs Krankenhäuser, wandert, so hieß es zuletzt, unter die Fittiche von Wissenschaftssenator Jörg Dräger. Dieser war bisher mit dem Thema höchstens in der Weise befasst, dass er auch die Oberhoheit über das Universitätsklinikum Eppendorf innehatte. Dräger, der in der Vergangenheit die Umstrukturierung der Hochschulen in Richtung Privatisierung betrieben hat, wird offenbar zugetraut, auch das schwierige Thema LBK gegen Widerstände über die Bühne zu bringen.

Neu geordnet wird auch der Kita-Bereich, den der Rechts-Senat zuletzt nicht in den Griff bekommen hatte (siehe Bericht unten). Statt aus der Schulbehörde wird er künftig aus dem Sozialressort von Birgit Schnieber-Jastram bearbeitet. Sie habe das Format, das Sorgenthema aus der Welt zu schaffen, heißt es in der CDU, einem Neuling im Senat wie der neuen Bildungssenatorin Dinges-Dierig wollte man dies offenbar nicht gleich zumuten.

Freytags Nachfolger an der Fraktionsspitze der CDU soll der knorrige Bernd Reinert werden, bisher Vizefraktionschef. Gesucht werden muss aber auch ein neuer Polizeipräsident. Denn Udo Nagel rückt, wenn die Gerüchte stimmen, die sich gestern im Lauf des Nachmittags verdichteten, an die Spitze der Innenbehörde auf. Der Mann, der von Schill aus Bayern nach Hamburg geholt wurde, soll jetzt dafür sorgen, dass das Innenressort wieder in ruhigere Fahrwasser kommt.

Eigentlich hatte Ole von Beust sein Team bereits um 18.30 Uhr bekannt geben wollen. Doch die Fraktion hatte offenbar erhöhten Gesprächsbedarf. So verzögerte sich die Bekanntgabe bis in den Abend.

Als sicher galt da aber bereits: Gunnar Uldall (Wirtschaft), Birgit Schnieber-Jastram (Soziales), Roger Kusch (Justiz), Wolfgang Peiner (Finanzen) und Jörg Dräger (Wissenschaft) behalten ihre Posten.

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