Joschka Fischer bereitet (sich) das Feld

Ob ein EU-Außenminister mehr Einfluss haben wird als etwa der deutsche Außenamtschef, hängt davon ab, wie das Amt ausgestattet wird. Nach Fischers Vorstellungen wäre der neue EU-Außenminister auch für Verteidigung zuständig

BRÜSSEL taz ■ Außenminister der EU – das ist zunächst lediglich ein Titel. Ob der neue Mann oder die neue Frau in Brüssel mehr Einfluss haben wird als – sagen wir – der deutsche Außenminister, hängt davon ab, wie das Amt ausgestattet wird. Deshalb ist Joschka Fischers Vorschlag, den Diplomatischen Dienst der Union im Haus des Außenministers zusammenzuziehen, von enormer politischer Bedeutung (siehe Dokumentation unten auf der Seite).

Fischer will die neue Behörde mit allen Abteilungen aus der Kommission bestücken, die Außenbeziehungen betreffen und derzeit Außenkommissar Chris Patten und Entwicklungshilfekommissar Poul Nielson unterstehen. Zusätzlich sollen aus dem Ratssekretariat die Außenabteilung und die Arbeitseinheiten für militärisches und ziviles Krisenmanagement, für Verteidigung, Militär- und Strategieplanung hinzukommen.

Genau betrachtet, wäre der neue europäische Außenminister damit auch für Verteidigung zuständig. Allerdings geht aus dem vorliegenden Textvorschlag nicht hervor, ob er auch über die zugehörigen Haushaltsposten verfügen darf. Unklar ist ebenfalls, ob im Fall der verstärkten außenpolitischen Zusammenarbeit einer kleinen Gruppe von Ländern der neue Außenminister zuständig ist. Wenn allerdings die kürzlich beim Vierergipfel von Belgien, Deutschland, Frankreich und Luxemburg vorgeschlagenen EU-Verteidigungsstrukturen von einigen Ländern umgesetzt werden, könnte der Außenvertreter künftig Europas mächtigster Posten sein.

Ein gewählter Ratspräsident würde diese Pläne stören. Denn auch er soll laut Präsidiumsentwurf die EU nach außen vertreten. Wer wann wofür zuständig ist, geht aus dem Text nicht klar hervor. Am Ende wäre die Lage kaum besser als jetzt, wo der amtierende Ratspräsident, der ständige Vertreter des Rates und der Außenkommissar sich ständig auf die Füße treten.

Dass ausgerechnet der Sprecher der kleinen Länder in der Union, Jean-Claude Juncker, die Ernennung Joschka Fischers zum europäischen Außenminister befürwortet, ist ein listiger Schachzug. Denn Junckers Zwergenbande will um jeden Preis verhindern, dass der vom Konventspräsidium befürwortete Ratspräsident mit einer Amtszeit von zweieinhalb Jahren Wirklichkeit wird. In Joschka Fischer schafft er sich für diesen Feldzug einen mächtigen Verbündeten. Denn auch der deutsche Außenminister kann nicht wollen, dass ihm bei der neuen Aufgabe ständig ein Ratspräsident die Show stiehlt.

Auch die Kommission verspricht sich von diesem Arrangement Vorteile. Der neue Außenminister soll ja gleichermaßen im Rat und bei der Kommission angesiedelt sein. Er soll mit der Kommission das Vorschlagsrecht für außenpolitische Initiativen haben. Dadurch säße die Kommission bei allen wichtigen Entscheidungen mit am Tisch. Natürlich haben die Staats- und Regierungschefs am Ende das letzte Wort. Doch wenn die neun kleineren Länder mit Deutschland an einem Strang ziehen, stehen Italien, Spanien, Frankreich und Großbritannien ziemlich im Abseits. DANIELA WEINGÄRTNER