Ein Diamant als Stromampel

Festkörperphysikern aus Garching gelang es, aus der Oberfläche eines Diamanten einen Transistor herzustellen

Transistoren, also Schaltelemente, bilden die Grundlage für unsere Halbleitertechnik. Dabei folgen sie stets dem gleichen Prinzip: So regelt eine angelegte Spannung, ob im Element ein Strom läuft oder nicht. Seit 40 Jahren verwenden Chiphersteller das Halbmetall Silizium als Grundstoff für ihre Schaltelemente. Doch eine Forschergruppe vom Walter-Schottky-Institut aus Garching bei München zeigte nun, dass auch Diamanten als Schaltelemente taugen.

Zwar leiten Diamanten den elektrischen Strom nicht. Schließlich bestehen sie anders als Graphit aus einem festen Gitter von Kohlenstoffatomen, deren Elektronen in den Bindungen fest lokalisiert sind. Aber vor wenigen Jahren haben Festkörperphysiker entdeckt, ein Diamant könne den Strom dennoch leiten, wenn dessen Oberfläche mit atomarem Wasserstoff reagiert. Daher reinigten die Physiker um Martin Stutzmann und Christoph Nebel zunächst die Oberfläche eines Diamanten von Fremdstoffen. Um ihn in einen elektrischen Leiter zu verwandeln, versetzten sie ihn mit Wasserstoff. So entstanden an der Oberfläche zwischen dem Wasserstoff- und dem Kohlenstoffatom kovalente Bindungen mit einem hohen Dipolmoment, das den Austritt von Elektronen aus dem Diamanten erlaubt.

Zurück blieb eine zirka zehn Angström dünne, leitende Schicht aus Löchern, also fehlenden Elektronen. „Doch hier, wo alle bisher aufhörten, gingen wir nun den entscheidenden Schritt weiter“, erklärt Nebel. Aus der Oberfläche eines Diamanten stellte das Forscherteam einen Transistor her, in dem sie an bestimmten Stellen den Wasserstoff durch Sauerstoff ersetzten. Denn an diesen oxidierten Stellen mutierte der Diamant dann wieder zum Isolator.

Der Grund: Die kovalente Bindung von Kohlenstoff und Sauerstoff weist nur ein minimal kleines Dipolmoment auf. Die Elektronen können deshalb den Diamanten nicht verlassen. Im Detail: Die Forscher schirmten einen Teil der Oberfläche mit einer Maske ab und gaben den Diamanten dann in ein hoch reaktives Sauerstoffplasma, dessen Atome die freiliegenden Wasserstoffatome verdrängte. Auf diese Weise konnte die Diamantoberfläche mit dem elektronischen Bauplan eines Transistors versehen werden. Zuletzt mussten noch Elektroden aufgedampft werden, um die leitenden und nichtleitenden Teile des Transistors zu verbinden. „Es funktioniert wie eine Ampel aus Diamant“, charakterisiert der Physiker Christoph Nebel das Resultat. „Außerdem ist ein großer Sprung nach vorne“, freut er sich, „damit ist bald ein Einsatz im medizinischen Bereich möglich.“ Denn die Diamanten vertragen sich gut mit Körperzellen. Sie sollen als bioelektronische Bauelemente verwendet werden.

Da der Diamant im Gegensatz zu Silizium relativ teurer herzustellen ist, sind nur In-vivo-Anwendungen von Diamant-Biosensoren sinnvoll. Denn dabei sind Biokompatibilität und chemische Beständigkeit besonders wichtig. JOACHIM EIDING