Die Achse Warschau–Madrid vor dem Bruch

Polen fürchtet nach Spaniens Kehrtwende in der Irak-Politik und in der EU eine Isolation in Europa sowie Anschläge

WARSCHAU taz ■ Die pflichtschuldigen Glückwünsche von Polens regierenden Sozialdemokraten an die Parteifreunde im fernen Spanien sind eher betreten ausgefallen. Sollte Spaniens neue Regierung die angekündigte außenpolitische Kehrtwende tatsächlich vollziehen, könnte Polen die Isolierung drohen, ahnt der sorgengeplagte Premier Leszek Miller. „Es sieht so aus, als stünden wir auf dem Kampfplatz allein da“, konstatiert Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski: „Wir sind in einer schwächeren Position als noch vor ein paar Tagen.“ Die Zeitung Rzeczpospolita sieht im Wahlsieg der spanischen Sozialisten gar die Verwirklichung eines „schwarzen Szenarios“: „Das Bündnis mit Spanien gehört der Vergangenheit an.“

Ob beim Streit um die EU-Verfassung oder bei der Entsendung von Besatzungstruppen in den Irak: Stets hatten Polen und Spanien im vergangenen Jahr den Schulterschluss gesucht. Warschau hatte Spanien noch zu Jahresbeginn zu einem der wichtigsten strategischen Partner in Europa gekürt. Doch die Achse der EU-Quertreiber ist nun zerbrochen. Ohne die Unterstützung Madrids scheint Warschau zumindest beim leidigen Streit um die EU-Verfassung zu mehr Beweglichkeit gezwungen. Polen sei offen für neue Vorschläge, sagt Innenminister Józef Oleksy. Es sei Zeit für einen Kompromiss, meint Kwaśniewski.

Einen vorzeitigen Truppenabzug aus dem Irak schließt Miller allerdings kategorisch aus: „Es wäre ein schlechtes Signal, sich dem Druck des Terrorismus zu beugen.“ Doch der angekündigte Abzug des spanischen Kontingents wird Polen in der bisher gemeinsam verwalteten Besatzungszone im Zentralirak noch erhebliche Probleme bescheren.

Eigentlich hatte Warschau die Heimholung der eigenen Truppen bis zum Jahresende geplant. Nun scheint die Besatzungsmacht trotz wachsender Skepsis in der eigenen Bevölkerung zu einem längeren Irak-Engagement gezwungen.

Nach einem Rückzug der Spanier dürfte das Risiko für Polen als verbleibende Besatzungsmacht steigen, selbst zum Opfer von Anschlägen zu werden, fürchtet Janusz Reiter, der Chef des Zentrums für internationale Beziehungen.

Seine Befürchtung wird laut Umfragen von vier Fünftel der Polen geteilt: 76 Prozent glauben, dass der schwache Sicherheitsapparat des Landes Terrorattacken kaum gewachsen wäre. „Näher, immer näher“, titelt das Wochenmagazin Newsweek Polska: „Der Terrorismus ist für Polen kein Märchen vom bösen Wolf mehr.“ PAWEL SMUDA