US-Regierung hält Druck auf Pakistan aufrecht

Colin Powell drängt Islamabad zu verstärktem Kampf gegen al-Qaida und fordert Kontrolle des Atomprogramms

DELHI taz ■ US-Außenminister Colin Powell ist gestern in Islamabad eingetroffen, nachdem er Delhi verlassen und in Kabul einen Kurzbesuch zwischengeschaltet hat. Pakistan ist das wichtigste Ziel seiner Südasienreise. Bereits auf dem Flug nach Indien erklärte er mitreisenden Journalisten, warum die USA Pakistans Militärmachthaber Perves Musharraf schonend behandelten, als dieser den Atomschmuggler Abdul Qadeer Khan begnadigt hatte: „Pakistan hat seit kurzem eine Reihe von Operationen an der Grenze unternommen. Wir wollen mehr davon sehen.“

Und als sei Islamabad bemüht, gutes Verhalten zu beweisen, erklärte Pakistans Armeesprecher am Tag vor Powells Ankunft, im Dorf Azam Warsak in der Stammesregion an der afghanischen Grenze habe die Armee in einer „Routineaktion“ 24 Männer erschossen, darunter Taliban und mutmaßliche Al-Qaida-Anhänger. Die USA schonen Musharraf, weil sie auf seine Unterstützung bei der Suche nach Taliban und Ussama Bin Laden angewiesen sind.

Washington ist dennoch nicht bereit, Khans Atomschmuggel auf die leichte Schulter zu nehmen. Powell selbst hatte letzte Woche betont, dass die Begnadigung des „Vaters der islamischen Bombe“ nur eine bedingte sei. In Delhi erklärte er, Musharraf nach Informationen über die Beteiligung früherer pakistanischer Regierungen am Export von Nuklearwissen nach Iran, Libyen und Nordkorea fragen zu wollen – eine Bemerkung, die die Mitwisserschaft Musharrafs und der Armee unterstellt. Der öffentliche Druck auf Musharraf hält in den USA an. Medien werden mit Geheimdienstinformationen gefüttert, die das Ausmaß der Tätigkeit Khans zeigen sollen. Dieser kassierte laut New York Times aus dem Libyengeschäft über 100 Millionen Dollar.

Indien hielt sich in der ganzen Affäre um Khan erstaunlich zurück. Der Grund dürfte nicht nur in Delhis Bemühen zu suchen sein, den laufenden Annäherungsprozess mit Pakistan nicht zu gefährden. Indien lässt die USA auch gewähren, weil diese endlich versuchen, Pakistans Atomprogramm einer gewissen Kontrolle zu unterwerfen.

Die Standpunkte Indiens und der USA näherten sich auch deshalb an, weil für beide der nukleare Nichtweiterverbreitungspakt NPT als Sicherheitsinstrument nicht mehr genügt. Eine Annäherung bietet sich unter einem kürzlich unterzeichneten Vertrag an, laut dem beide bei Raketen- und ziviler Nukleartechnologie kooperieren wollen.

BERNARD IMHASLY