piwik no script img

berliner szenen Isländisch Lesen

Die Liebe des Letten

Arnaldur Indridason ist der erfolgreichste Krimischriftsteller Islands. Am Rande seiner Lesung in der isländischen Botschaft schwärmt der Botschafter gerührt von den verregneten Nachmittagen, die er bereits mit dessen Romanen verbracht habe. Der Verlag weist darauf hin, dass ihr Autor in Deutschland bereits mehr Leser habe als Island Einwohner, und zuletzt bekommt jeder ein Buch geschenkt.

Später an der Bushaltestelle spricht uns ein älterer Mann an. Stolz zeigt er uns das Autogramm in seinem Exemplar und die persönliche Widmung der Übersetzerin: „Für Leonie“.

Leonie ist Mitte sechzig und kommt aus Litauen. Die Übersetzerin hat er bei den Recherchen für ein eigenes Buchprojekt kennen gelernt: Es geht um einen jungen Litauer aus reicher Familie, der in den Dreißigern nach Island reist, sich dort verliebt und bleibt, während Stalins Truppen seine Heimat besetzen: „Ein unglaubliche Geschichte“, sagt Leonie in vorsichtigem Deutsch, „und sie ist wahr!“

Während der Busfahrt erzählt er, dass er als Korrespondent für litauische Medien arbeitet. „Aber eigentlich interessiere ich mich nur für Island“, erklärt er. „Sie müssen Ihr Thema finden, das ist das Wichtigste im Leben.“ Am Alex springt er aus dem Bus und verschwindet in der warmen Frühlingsnacht. KOLJA MENSING

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen