Eine herbe Schlappe für den Monopolisten

Weil er seine Marktmacht missbraucht, muss der US-Softwaregigant Microsoft mit saftigem Bußgeld der EU rechnen

BRÜSSEL afp/ap/taz ■ Europa wird zum heißen Pflaster für den US-Softwarekonzern Microsoft. In Lauerstellung beobachteten die konkurrierenden Softwarefirmen den Schlagabtausch zwischen der EU-Kommission und dem Quasi-Monopolisten, der gestern in einer herben Niederlage für Microsoft-Chef Steve Ballmer endete.

Zwei Tage lang hat EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti mit dem Computermulti verhandelt, bis er verkündete, dass Microsoft wegen massiven Wettbewerbsverstößen eine saftige Strafe aus Brüssel aufgebrummt bekommt. Eine Entscheidung über die genaue Höhe des Bußgeldes wird die EU-Komission erst am kommenden Mittwoch fällen. Nach EU-Recht wäre eine Strafe in Milliardenhöhe möglich. Experten gehen allerdings davon aus, dass der Softwaremulti zwischen 200 und 300 Millionen Euro abdrücken muss.

„Eine Einigung im Fall Microsoft war nicht möglich“, erklärte Monti. Seit Jahren schon versuchen sich die kleinen Softwarefische irgendwie gegen den großen Hai auf dem Markt zu wehren. Microsoft ist in der Vergangenheit schon mehrfach heftig wegen der unverblümten Preisdiskriminierung kritisiert worden. So ließ der Konzern gerne mal alte Anwendungen verkümmern, sobald ein neues Produkt auf den Markt geworfen wurde. Der Verbraucher wurde zum Neukauf gezwungen.

Den Ausschlag für die gestrige Entscheidung gab jedoch der Vorwurf, Microsoft weite seine marktbeherrschende Stellung auf andere Bereiche wie die Server in Firmennetzwerken aus. Außerdem mahnte die EU die enge Verbindung der Multimedia-Software „Windows Media Player“ mit dem Betriebssystem Windows an, was Wettbewerber verdrängen würde. „Letzten Endes musste ich entscheiden, was für Wettbewerb und Konsumenten in Europa am besten ist“, erklärte Wettbewerbshüter Monti.

Diese Entscheidung könnte richtungsweisend für die Zukunft von Microsoft in Europa sein. Vor etwa einem Jahr hatte der Multi einen vierjährigen Rechtsstreit mit dem amerikanischen Justizministerium noch für sich entscheiden können. Danach führte Microsoft seine Verknüpfung von Windows mit dem Mediaplayer ungestört weiter. Nach der Monti-Offensive könnte die Forderung der EU-Kommission, den Videoplayer vom Betriebssystem zu entfernen oder alternative Konkurrenzprodukte mit Windows auszuliefern, nun eingelöst werden.

Steve Ballmer hatte seit Dienstag versucht, das Ruder noch mal umzureißen – etwa mit dem Angebot, künftig auch Konkurrenzprodukte mit seinem Betriebssystem Windows anzubieten. Für ihn steht einiges auf dem Spiel: Abgesehen vom Imageverlust ist es möglich, dass Microsoft Schadensersatzklagen der diskriminierten Konkurrenten vor nationalen Gerichten erleiden muss. Nach deutschem Recht ist dies möglich – allerdings nicht mit den in Amerika üblichen Sammelklagen, mit denen der Konzern dort nur so überschwemmt wurde. HANSJÖRG KISSEL