Tauziehen um die Finkenau

Architekten wollen in die ehemalige Finkenau-Klinik am Lerchenfeld, Senator Dräger macht ihnen wenig Hoffnung. In der Debatte um die Gründung einer Bauakademie wird auch vorgeschlagen, die Architektur-Ausbildung ganz einzustellen

Dienstags beim Italiener wurde kräftig an Plänen gebastelt

von KAIJA KUTTER

„Arroganter Idiot“ raunte ein Professor im Publikum, und selbst Wissenschaftssenator Jörg Dräger waren diese Worte zu heftig. Es ging um eine Äußerung des Star-Architekten Meinhard von Gerkan zur Architektur-Ausbildung. Deutschland wäre in der internationalen Architekturszene ein „weißer Fleck“ und für Hamburg gelte dies „in besonderem Maße“, hatte von Gerkan gesagt und von „80 bis 85 Prozent unbegabten Studenten“ gesprochen. Es wäre deshalb „kein Schaden“, wenn es hier keine Architektur-Ausbildung mehr gäbe.

Freilich hatte seine Rede in der „Freien Akademie der Künste“ einen alternativen Ausblick. Wenn man wirklich eine Bauakademie mit „internationalem Profil“ schaffen wolle, sei die Frage des Ortes „von entscheidender Bedeutung“. Zuvor sprachen sich auch Oberbaudirekor Jörn Walter und der Architekturhistoriker Werner Oechslin dafür aus, die geplante Bauakademie nicht „an der Peripherie“, sondern in der Stadt, „nahe der gestaltenden Kunst“, sprich in der von der Wissenschaftsbehörde neu erworbenen Finkenauklinik am Lerchenfeld anzusiedeln. Diese wird gerade von der Media School bezogen, bietet aber noch 10.000 Quadratmeter Platz (taz berichtete).

Genug eigentlich, um die bisher in der City Nord an der Hebebrandtstraße untergebrachten Architekten der „Hochschule für Angewandte Wissenschaft“ (HAW) zusammen mit den Architekten der „Hochschule für bildende Künste“ (HfbK) zur künftigen Bauakademie zu vereinen. Die Basis will diese Lösung offenbar. HAW-Architekten haben nichts gegen einen Umzug und HfBK-Architekten würden so nicht von den übrigen Künsten getrennt, mit denen sie seit kurzem mit interdisziplinärem Konzept verbunden sind.

Wochenlang trafen sich Hochschullehrer beider Fachbereiche immer „dienstags beim Italiener“, um gemeinsam mit der Architektenkammer Pläne zu schmieden. Unter dem Dach einer neu zu gründenden „Universität der bildenden Künste“ (UBK) und in „Kooperation mit der HAW“ könnte eine Bauakademie in der Nähe der gestaltenden Künste enstehen, lautete schließlich die unterschriftsreife Formel, die dann allerdings der Hochschulsenat der HAW kippte, indem er eine eigene „Fakultät Bauen“ unter seinem Dach beschloss. Gemeinsame Studiengänge könne man sich vorstellen, sagt HAW-Vize-Präsidentin Ulrike Arens-Azevedo. Aber die schnelle Gründung einer eigenständigen School sei nicht realistisch.

Über die strittige Standortfrage hat Senator Dräger zu entscheiden, der den Akademie-Zuhörern wenig Hoffnung machte. Zwölf bis 16 Millionen Euro teuer würde ein Umzug von der Hebebrandtstraße zur Finkenau. Kosten, die insbesondere die schweren Apparaturen der Bauingenieure verursachten und für die es kein Geld gebe, weil der Investitionshaushalt bis 2010 verplant sei. „Wenn es nicht zum wunschgemäßen Standort kommt, bitten wir Sie, dies nicht als Signal zu verstehen, nicht weiter zu machen“, bat Dräger.

Die genannten Kosten scheinen sehr hoch. HfBK-Präsident Martin Köttering fordert, ein „fachkundliches Unternehmen“ mit der genauen Kostenanalyse zu beauftragen. Auch sieht er noch weitere ungeprüfte Möglichkeiten, den Kunst- und Architekturcampus zu realisieren. Köttering kritisiert, dass die Politik die Hochschulen unter Zeitdruck setze, was eine Diskussion über Inhalte erschwere.

Die Architektenkammer ist indes sehr enttäuscht. Bevor es auf den Standort Hebebrandtstraße und eine vollständige Einbindung der Architektur in die ehemalige Fachhochschule hinausläuft, gewinnt in der Kammer der radikale Gedanke Beliebtheit, es mit der Ausbildung „ganz bleiben zu lassen“ oder für eine Kleinst-Akademie einzutreten, die die Bauingenieure an der HAW belässt. Ein Abbau von Architektur-Studienplätzen ist in der ganzen Debatte unstrittig. Gibt es doch bundesweit 50.000 Studierende und rund 100.000 Architekten, die davon leben.