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Nächste Runde im Castor-Poker

Bundesumweltministerium und NRW-Landesregierung erhöhen Druck auf Sachsen: Einwöchiger Stopp des Genehmigungsverfahrens macht Atommüll-Transporte nach Ahaus unwahrscheinlicher

VON ANDREAS WYPUTTA

Der Polit-Poker um die geplanten Castor-Transporte ins Zwischenlager Ahaus geht in die nächste Runde: Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat das Genehmigungsverfahren für die Atommüll-Lieferungen aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden für eine Woche gestoppt. Bei einem kurzfristig anberaumten Treffen in Berlin forderten die Staatssekretäre im Bundesumwelt- und NRW-Innenministerium, Rainer Baake und Hans Krings, ihren sächsischen Amtskollegen Wolf-Eberhard Kuhl auf, statt des umstrittenen Straßentransports einer Lieferung auf dem Schienenweg zu prüfen: Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) fürchtet, ein Straßentransport könne sich wegen fehlender Stoßdämpfer für die Castoren über Wochen hinziehen – die Polizeikosten würden die Landeskasse mit über 50 Millionen Euro belasten.

Sachsen aber beharrt auf dem Straßentransport: Der sei „die günstigste Lösung“ für den Freistaat, so Irina Düvel, Sprecherin des sächsischen CDU-Umweltministers Steffen Flath, zur taz. Die NRW-Landesregierung dürfte damit ihrem Ziel, die Einlagerung des hochgiftigen Atommülls im Münsterland zu verhindern, einen entscheidenden Schritt näher gekommen sein: „Sollten die Sachsen auf einem Straßentransport bestehen, ist das weitere Genehmigungsverfahren völlig offen“, sagt Trittins Sprecher Michael Schroeren – und verweist auf die erhöhte Belastung der nordrhein-westfälischen Polizei gerade nach den Terroranschlägen von Madrid.

NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück zeigte sich gestern prompt optimistisch. Es gebe „langsame Erkenntnis- und Geländegewinne“, dass die Transporte nicht stattfinden: „Wir arbeiten dran“, so der Regierungschef. Auch sein Innenminister Behrens nannte die Castor-Lieferungen „grundsätzlich unnötig“. Sollte Sachsen wider Erwarten doch einem Bahntransport zustimmen, will sich das NRW-Kabinett Mitte kommender Woche auf eine gemeinsame Linie einigen. Dabei setzt NRW auf den steigenden Kostendruck: Die sächsische Landesregierung müsste zunächst einen geeigneten Transportbahnhof ausmachen, dort eine Verladestation bauen lassen und 18 neue Bahn-Stoßdämpfersysteme finanzieren. Hinzu kämen Proteste sächsischer und nordrhein-westfälischer Atomkraftgegner während des LKW-Transports von Rossendorf zum Bahnhof – bereits für diesen Sonntag ist eine weitere Demonstration in Ahaus angekündigt.

Unterstützung kommt auch von den Grünen in NRW: CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers solle Druck auf die CDU-geführte sächsische Landesregierung machen, fordert der grüne Parteichef Frithjof Schmidt: „Wenn die CDU eine Entlastung der Polizei will, muss Sachsen auf die überflüssigen Castor-Transporte verzichten.“

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