Giftige Sparpläne

Die Stadt Duisburg will ihr chemisches Untersuchungslabor schließen – und präsentiert ihren Ratsmitgliedern als Entscheidungshilfe geschönte Zahlen

„Auf lokale Ereignisse kann die Stadt Duisburg ohne eigenes Labor nicht mehr reagieren“, fürchten die Grünen

VON MIRIAM BUNJES

Der Stadt Duisburg ist ihr Chemielabor zu teuer geworden. Neben Lippenstiften, Brötchen und Kinderspielzeug – den kommunalen Pflichtaufgaben – liegen hier nämlich auch dioxinhaltige Kohlköpfe auf den Untersuchungstischen. Oder giftiger Staub aus der seit Jahren von Umweltschützern bekämpften Kokerei im Duisburger Norden. In einer Industriestadt gibt es eben besonders viel Gift.

Das alles zu testen, ist viel zu teuer, findet jetzt die rot-gelbe Regierung der Stadt. Das Untersuchungslabor soll geschlossen werden – und Duisburgs kommunale Pflichttests sollen künftig vom chemischen Institut für Lebensmitteluntersuchung und Umwelthygiene des Kreises Wesel in Moers erledigt werden.

In zwei Wochen entscheidet der Rat über die Schließung. Erleichtern soll die Entscheidung ein von der Verwaltung erstelltes Papier, in dem die Kostenersparnisse und die angeblich zu hohen Ausgaben des Duisburger Labors aufgelistet werden.

200.000 Euro will Duisburg dem defizitären Stadtsäckel mit der Schließung ersparen. „Eine Milchmädchenrechnung“, sagt dazu der Geschäftsführer der grünen Ratsfraktion, Ralf Krumpholz. „Die Zahlen sind unrealistisch und vor allem geschönt.“

Tatsächlich enthält die Verwaltungsvorlage einige Seltsamkeiten: Die Personalkosten für die 20 hochspezialisierten Chemiker tauchen in dem Papier nicht auf. Dabei sind die zum Großteil verbeamtet – die Stadt muss also lebenslänglich für sie aufkommen. „Wir werden für alle sinnvolle Aufgaben in der Stadtverwaltung finden“, heißt es dazu aus dem Personaldezernat.

Und immerhin 500 der 2.200 Pflichtproben – die Anzahl wird, gesetzlich vorgeschrieben, anhand der Einwohnerzahl ermittelt – müssen aus Kapazitätsgründen in privaten Labors getestet werden. Hierfür gibt das Papier statt der Durchschnittspreise die Mindestpreise auf dem freien Markt an.

„Von der Kostenersparnis werden wir erst langfristig etwas merken“, sagt auch der für das Untersuchungslabor zuständige Umweltdezernent Peter Greulich (Grüne). Fachlich passt ihm die Entscheidung nicht. „Wir haben sehr viel mehr und gründlicher getestet, als das in Moers geschehen wird“, sagt Greulich. „In Zukunft werden dann nur die gesetzlichen Mindeststandards erfüllt – Duisburg ist eben eine arme Stadt.“

Und eine Stadt, der bald ein eigenes Kontrollinstrument für den Verbraucherschutz fehlt. „Unsere Verbraucher erwartet ein enormer Qualitätsverlust“, sagt Kommunalpolitiker Krumpholz. „Auf lokale Ereignisse kann ja ohne eigenes Labor gar nicht mehr reagiert werden.“ Es sei denn, man gibt Extraaufträge an private Firmen heraus. Dann würde die Stadt allerdings draufzahlen.

23 kritische Anfragen hat die grüne Fraktion deshalb an den Umweltausschuss gestellt. „Wir hoffen, dass auch die CDUler die Rechentricks der Verwaltung enttarnen und ablehnen“, sagt Ralf Krumpholz.

Diese Hoffnung bestätigt sich zumindest zum Teil. „Wir halten die Vorlage für intransparent und werden sie in dieser Form ablehnen“, sagt Rainer Pastoor von der CDU-Fraktionsgeschäftsführung.

Statt einer Schließung des Labors schlagen die Grünen eine räumliche und fachliche Kooperation mit dem Rheinhauser Institut für Energie und Umwelttechnik vor. Denn umziehen muss die Giftkontrolle auf jeden Fall: Das Gebäude ist marode.