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Machos im Weltall

Das beste kommt zum Schluss: Oberspielleiterin Jasmin Solfaghari verabschiedet sich von Bremerhaven mit „Don Giovanni“ – und Don Ottavio erlebt einen Höhepunkt

Solfaghari überziehtbis zur Klamotte und nimmt den Figuren jedes Geheimnis

Mozart hat in „Don Giovanni“ dem Libertin, der zum christlichen Sittengesetz nein sagt, ein Denkmal gesetzt und eine der gewaltigsten Szenen der Operngeschichte geschrieben. Für E.T.A. Hoffmann war sie die „Oper aller Opern“, für Kierkegaard die “Inkarnation der Genialität des Sinnlichen“. So groß, wie der Lebemann gemeinhin gezeigt wird, so klein macht ihn jetzt die Oberspielleiterin Jasmin Solfaghari in ihrer Abschiedsinszenierung am Stadttheater Bremerhaven.

Veselin Stoykov und Alban Lenzen geben den spanischen Edelmann und seinen Diener als Kumpel von heute, was Leporello allerdings nicht daran hindert, seinem Herrn die Hemden zu waschen. Dazu zieht er einen Wagen mit eingebauter Waschmaschine hinter sich her, der zudem noch Faxgerät und Computer darstellt (und gelegentlich zur Würstchenbude umfunktioniert wird).

Die Bühne ist ein bestirnter Himmel, eine Mischung aus Planetarium und Weltraumstation mit überraschenden Fensteröffnungen, mächtigen Kuppeln und einem Bullauge, hinter dem später der stumme Tod erscheint. Stefan Heinrichs hat dieses suggestive Bild eingerichtet: Unter der SciFi-Kuppel agieren Don Giovanni und Leporello wie zwei Buddies von der Tankstelle, und die Frauen Donna Anna, Donna Elvira und Zerlina lassen sich nicht lange bitten. Im Gegenteil: Wenn Donna Anna ihrem Verlobten Don Ottavio von der gewalttätigen Verführung durch Don Giovanni berichtet, lässt sie keinen Zweifel an der eigenen Lust. Und sobald Don Giovanni Zerlina umfasst, nestelt sie schon an seinem Hemd und beide fallen übereinander her.

Solfagharis Regie betont die komischen Seiten des „dramma giocoso“, überzieht bis zur Klamotte und nimmt den Figuren jedes Geheimnis. Um die dunklen Töne der Oper im Hinblick auf das böse Ende zu retten, erfindet sie eine neue Figur: einen stummen Jüngling, der halbnackt, mit schwarz geschminkten Augen, gravitätisch schreitend, immer wieder auf der Bühne erscheint: ein Todesbote als sanfter Engel. Er wird an Stelle des zornigen, väterlichen Komturs schließlich das Höllentor für Don Giovanni öffnen. Solfaghari streicht das folgende Finale, sie verzichtet auf das musikalisch reizvolle Sextett, in dem sich die Überlebenden der sittlichen Konventionen versichern. Damit streicht sie auch die ironische Zeigefinger-Moral als Schlusspointe. Aber warum? Verurteilt sie mit Don Giovannis Höllenfahrt die Spaßgesellschaft zum Untergang?

Das Städtische Orchester spielt federnd, Stephan Tetzlaff betont die schnellen Tempi und lässt andererseits den großen Arien genügend Raum. Während Melanie Maenni als Donna Anna und Eva Dimitrova als Donna Elvira wenig überzeugen, singt Stoykov die Titelpartie mit zupackender Stimme. Souverän auch Lenzens Leporello und Franka Kraneis als Zerlina. Einsamer Höhepunkt aber: Mirko Roschkowski als Don Ottavio. Sobald der Tenor die Stimme erhebt, um mit sanftem Schmelz und feinster Dynamik die Liebeshymne „Nur ihrem Frieden“ zu singen, ist das Publikum im Großen Haus so gefesselt, dass es einen in dieser Form selten gehörten stürmischen Szenenapplaus gibt. Hans Happel

Stadttheater Bremerhaven, Vorstellungen: 31.3. sowie 2., 4., 10. & 28.4. jeweils 20 Uhr

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