Familienhund mit Maulkorb?

betr.: „Maulkorb für fiese Viecher“, taz vom 17. 3. 04

Sehr zu Recht verweist Heike Holdinghausen auf den Mangel an Ratio, der bei der Verabschiedung der Gesetze gegen so genannte Kampfhunde zu beklagen war. Eine gesetzliche Regelung mit einem vagen Gefühl (und nicht etwa mit belegbaren Fakten) zu begründen, schafft in der Tat einen bedenklichen Präzedenzfall.

Denn wer weiß in unserer sensationshungrigen Zeit schon, wer oder was morgen möglicherweise zum Objekt eines latenten, nicht näher begründeten gemeinschaftlichen Bedrohungsgefühls wird? Hier jedes Mal mit einem gesetzgeberischen Schnellschuss zu reagieren, dies wäre ein besorgniserregendes Symptom für eine zunehmende Anfälligkeit der Politik gegenüber populistischer Stimmungsmache. Dieselbe Ratio, die von der Autorin eingefordert wird, möchte man ihr jedoch auch selber wünschen: Denn die überwältigende Mehrzahl der rund fünf Millionen Hunde in Deutschland ist noch nie auffällig geworden und erfüllt dabei für ihre Besitzer und die sie umgebenden Menschen wichtige soziale Funktionen. Einen rationalen Grund, für den friedlichen Familienhund von nebenan einen Maulkorb zu fordern, gibt es also beim besten Willen nicht.

JAN SCOTLAND, Bremen