Experte in eigener Sache

Stets wird er gerufen, wenn irgendwo Bomben explodieren. Nicht immer treffen Rolf Tophovens Prognosen zu

Ist die Bombe gezündet, ist von ihm zu hören. Im Rundfunk, im Fernsehen, in allerlei Zeitungen. Rolf Tophoven ist der Experte, wenn es darum geht, nach mörderischen Anschlägen die Hintergründe des Terrors auszuleuchten, die Helfershelfer zu benennen und Prognosen über den Fortgang des militanten Extremismus abzugeben. Kurz: Tophoven, Jahrgang 1937, ist der Spezialist, der gerufen wird, um dem vom Terror entsetzten Publikum weiterzuhelfen – und das bereits seit mehr als 25 Jahren.

Und damit das so bleibt, wie es ist, hat Rolf Tophoven eine alte Idee neu aufgelegt. Nein, nicht sein Jubelbuch über die Antiterroreinheit GSG 9. Er hat im vergangenen Herbst das „Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik“ – kurz Iftus – erneut aus der Taufe gehoben. Ein Projekt, das er schon 1986 in Bonn mit begründete und das 1992 überraschend wieder eingestellt wurde. Das ambitionierte Ziel diesmal: Eine Plattform für die wissenschaftliche Analyse der wachsenden Terrorgefahren. Das ließ der frühere Student der Geschichte und Germanistik im August vergangenen Jahres die Nachrichtenagentur AFP wissen. Das Institut werde sich unter anderem mit Fragen nach der künftigen Handlungsfähigkeit von Terroristen und nach möglichen Abwehrmechanismen der Regierungen befassen. Weitere zentrale Fragestellungen gelten demnach etwa den Chancen, künftige Terroranschläge vorherzusagen. Zugleich betont Tophoven in einem Beitrag der Institutspostille Terrorismus, mit den Terroranschlägen von New York und Washington sei der geschockten Weltöffentlichkeit „eine neue Dimension des Terrors“ begegnet. „Bis zur Zäsur vom 11. September war Terrorismus gemeinhin ein taktisches Problem für einige wenige Länder, mehr oder weniger eingrenzt und bezogen auf lokale und regionale Konflikte.“ Seit dem 11. September enthülle sich jedoch „das terroristische Phänomen als globale Bedrohung“. Der Terrorismus der Zukunft werde „in seiner Intensität eskalieren und möglicherweise noch gefährlichere Züge annehmen“. Noch Fragen?

Vom 11. September zum 11. März. Keine fünf Stunden sind seit den verheerenden Bombenanschlägen in Madrid vergangen, da meldet sich der deutsche Terrorismusexperte wieder zu Wort. Rolf Tophoven sieht wenig Zusammenhänge zwischen den Anschlägen in Spanien und islamistischen Terrorgruppen. Im O-Ton: „Es macht aus Sicht islamistischer Terrorgruppen wenig Sinn, in spanischen Nahverkehrszügen Bomben zu zünden“, sagte der Leiter des Essener Instituts der dpa. Anhaltspunkte seien höchstens die spanische Antiterror-Unterstützung für die USA und die Größe des Anschlags, sagte Tophoven. Für die baskische Organisation ETA passe ins Bild, dass Wahlen bevorstehen und sie grundsätzlich in Spanien ihre Anschläge verübe. Ungewöhnlich seien die fehlenden Warnungen und die Wucht der Anschläge. So ist das halt in der Terrorismusforschung. Viel Erfolg mit dem neuen alten Institut. WOLFGANG GAST