Rom ertrank in Regenbogenfahnen

Eine Million Menschen demonstrierte in Italiens Hauptstadt gegen Bushs und Berlusconis Militäreinsatz im Irak. Italiens Opposition unterstützt nicht mehr die Forderung von Pazifisten nach einem raschen Abzug der italienischen Truppen

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Die von den Veranstaltern gemeldeten zwei Millionen waren es wohl nicht ganz – aber ganz gewiss über eine Million Menschen fanden am Samstag nach Rom, um gegen Bushs und Berlusconis Engagement im Irak zu demonstrieren. Mehr als 2.000 Organisationen hatten mobilisiert.

Viel wurde im letzten Jahr geredet über die vorgebliche Krise von Movimento, der italienischen Friedensbewegung. Die machte jetzt deutlich, dass ihre Stärke ungebrochen ist. Wie im Vorfeld des Kriegs waren sie wieder alle da: die Nonnen und die Schülergruppen, die Gewerkschaften und die Militanten der autonomen Zentren, die katholischen Boy Scouts und die Anhänger der Oppositionsparteien des Ölbaum-Bündnisses. Mit im Zug war die Friedensfahne in den Regenbogenfarben, immer wieder auch Palästinenserflaggen – und die Fahne Spaniens.

Die „Freunde Bin Ladens“ demonstrierten da, hatten schon im Vorfeld die Regierungsparteien gegiftet. Die Hoffnung, so die Friedensbewegung nach den Terroranschlägen von Madrid zu isolieren, ging nicht auf. Deutlich wurde am Samstag aber auch die wachsende Entfremdung zwischen großen Teilen der Friedensbewegung und den wichtigsten Oppositionsparteien, auch wenn deren Mitglieder zu tausenden mitmarschierten. Die zentrale Forderung des Friedensbündnisses nach sofortigem Abzug des 3.000 Mann starken italienischen Kontingents aus dem Irak wird vom Gros des Ölbaum-Bündnisses nicht mehr unterstützt. Beim Parlamentsvotum am 10. März über die Verlängerung des Mandats hatten Linksdemokraten und die Mitte-Partei Margherita sich an der Abstimmung nicht beteiligt, statt das von der Friedensbewegung geforderte Nein zu artikulieren. Die Opposition versteckte sich hinter der Tatsache, dass das Votum auch anderen – von ihr gebilligten – Missionen in Afghanistan, in Bosnien, im Kosovo galt. Zugleich aber häufen sich die Stimmen der Oppositionsführer, die der „Bewegung“ vorwerfen, ihr Pazifismus sei „unpolitisch“; stattdessen sei ein Verbleib der italienischen Truppen unter UNO-Kommando anzustreben. Den Preis dafür zahlte am Samstag Piero Fassino, Vorsitzender der Linksdemokraten. Er musste schon nach wenigen Minuten den Zug wieder verlassen, weil er von Angehörigen der Bewegung der „Ungehorsamen“ heftig attackiert wurde, mit Schmährufen („Mörder, Henker“), aber auch mit Wurfgeschossen.