Madrid: Kopf der Terrorzelle wird gesucht

Ermittlungen laut Innenminister Acebes in entscheidender Phase. Die Herkunft des bei den tödlichen Attentaten verwendeten Sprengstoffs ist nach Medienberichten geklärt. ETA lobt Zapateros Entscheidung, Spaniens Truppen aus dem Irak abzuziehen

AUS MADRID REINER WANDLER

Spaniens Innenminister Ángel Acebes zeigt sich zuversichtlich: „Wir sind in einer entscheidenden Phase der Ermittlungen.“ Laut Presseberichten hat die Polizei die Zusammensetzung der Terrorzelle weitgehend geklärt, die am 11. März in Madrid die Bomben gegen die Pendlerzüge legte. Es gebe Hinweise, wer der Kopf hinter den Attentaten war, die 202 Menschenleben forderten. Er soll zusammen mit drei weiteren Marokkanern zur Fahndung ausgeschrieben werden. Die Gesuchten sind seit mehreren Tagen nicht mehr in ihren Wohnungen und am Arbeitsplatz aufgetaucht. Sie könnten sich gar ins Ausland abgesetzt haben.

Mutmaßlich waren mindestens sechs Terroristen an der unmittelbaren Durchführung des Anschlags beteiligt. Sie wurden von mindestens ebenso vielen Helfern unterstützt. Bisher kam es zu zehn Verhaftungen – sieben Marokkaner, zwei Inder und ein Spanier. Dieser hat – so der Ermittlungsstand – den Bombenlegern den Sprengstoff besorgt. Bei dem Mann handele es sich um einen Frührentner aus dem Bergbau im nordspanischen Asturien. Er habe zugegeben, die Marokkaner zu einem abgelegenen, schlecht bewachten Sprengstoffdepot bei Avilés geführt zu haben.

Die Beamten suchen nach den Räumen, in denen die Bomben zusammengebaut wurden. Zwei Orte haben die Ermittler dabei im Auge: zum einen die 40 Kilometer westlich von Madrid gelegene Universitätsstadt Alcalá de Henares, wo die Bomben in den vier Zügen deponiert wurden und ein gestohlener Lieferwagen mit Zündern an Bord gefunden wurde, zum anderen das zentral gelegene Madrider Viertel Lavapiés, wo vier der zehn Festnahmen stattfanden.

Die baskische Separatistenorganisation ETA, die direkt nach den Explosionen am 11-M für das Attentat verantwortlich gemacht worden war, meldete sich gestern abermals zu Wort. Die bewaffnete Organisation lobt in einem Kommuniqué, das in der baskischen Tageszeitung Gara veröffentlich wurde, den Sozialisten und Wahlsieger José Luis Rodríguez Zapatero für „die starke und mutige Geste, die Truppen aus dem Irak abzuziehen“. Weiter heißt es: „Es braucht auch starke und mutige Gesten gegenüber dem Baskenland.“ Die ETA forderte eine Lösung, die „zwischen Vertretern des Baskenlandes, Spanien und Frankreich“ ausgehandelt werden müsse. Bis dahin bekräftigt ETA „die Entscheidung, weiter zu kämpfen“. Kein Wort von einer bevorstehenden Waffenruhe, über die in den letzten Tagen in Spanien immer wieder spekuliert wird.