DIE INDONESISCHE PROVINZ ACEH HAT KEINE AUSSICHT AUF FRIEDEN
: Osttimor ist kein Beispiel

Vor einem Jahr sah es danach aus, als könnte die Bevölkerung der indonesischen Provinz Aceh Hoffnung schöpfen: In Osttimor war das UN-Referendum von 1999, dem Mord und Vertreibung indonesischer Milizen folgten, in die Unabhängigkeit gemündet. Provinzen wie Irian Jaya oder eben Aceh bekamen Aufwind, um es den Osttimoresen gleichzutun. Doch im Fall des von Gewalt erschütterten Aceh sind die Karten anders gemischt.

Während Osttimor damals international Schlagzeilen machte, gilt der blutige Konflikt in Aceh als „vergessener Krieg“. Die Unabhängigkeitsforderungen der Rebellenorganisation GAM werden von keinem der Nachbarländer unterstützt. Zudem hat die strategisch günstige Lage der öl- und gasreichen Provinz an der Straße von Malakka der Wirtschaft Indonesiens stets genützt. Großkonzernen ist es gleichgültig, ob Krieg oder Frieden herrscht, solange die Produktion garantiert bleibt.

Die Machtgier politischer und militärischer Hardliner in Jakarta sowie der GAM selbst und unzureichende internationale Vermittlungsbemühungen taten ein Übriges. Die „Goodwillvereinbarung“, vom Schweizer Henri-Dunant-Zentrum mühselig initiiert, zeigt Lücken: Sie peilt keine politische Lösung, sondern nur den Autonomiestatus an. Doch im Fall von Aceh funktioniert das nicht – die Rebellen werden weiter an der Unabhängigkeit festhalten, Militärs und Politik hingegen keine separatistischen Bestrebungen dulden. Durch Schmuggelgeschäfte haben sich beide Seiten jahrzehntelang am blutigen Konflikt bereichert.

Für die Militärs, die einen parlamentarisch legitimierten Machtausbau anstreben, ist der Aceh-Konflikt vor den Präsidentschaftswahlen 2004 willkommener Anlass, Unentbehrlichkeit zu demonstrieren. Zwar wurde das Kriegsrecht durch das Votum von Präsidentin Megawati verhängt, de facto aber brauchte das schon jetzt starke Militär keine Regierungsverordnungen, um loszuschlagen. Doch ein Putsch steht nicht an. Schließlich ist eine Regierung mit einer schwachen Präsidentin, die das Militär demokratisch stützt, viel nützlicher.

NICOLA GLASS