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kommentarSpam happens

Haftstrafen für Versender von Werbemails? Lächerlich!

Ein mir unbekannter Justin Mickelson bot mir gestern via E-Mail eine Superpille an, mit der ich meine Freundin das ganze Wochenende besonders hart rannehmen könne. Nach Wunsch einiger SPD-Politiker werde ich ihn demnächst für solche Vorschläge verklagen können.

Gestern hieß es aus der SPD-Bundestagsfraktion, man wünsche sich ein Anti-Spam-Gesetz. Wegen eines wirtschaftlichen Schadens von zirka 2,5 Milliarden Euro europaweit sollen den Versendern sinnloser Werbemails künftig Geld- und Haftstrafen drohen.

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich habe keinen Penis. Deswegen möchte ich ihn auch nicht verlängern lassen. Ich will auch keinen Zugang zu einer Website erwerben, auf der eine Livecam auf Körperöffnungen hält, aus denen Sekt tropft. Ich fühle mich durch solche Botschaften belästigt. Aber will ich deswegen jeden, der mir weiterhin hartnäckig per E-Mail diese Angebote zusendet, hinter Gittern sehen?

Spammails sind ärgerlich. Ein Großteil davon ist bescheuert, sexistisch und einfach nur überflüssig. Doch wer glaubt, ihnen mit einem Gesetz beikommen zu können, ist naiv. Der Schaden, der durch Spam entsteht, ist die Zeit, die dem Arbeitgeber entgeht, wenn der Arbeitnehmer die ungewollten Botschaften wegdrückt. Genauso gut könnte man ein Gesetz fordern, das es dem Pizza-Lieferservice untersagt, das „Keine Werbung“-Schild am Briefkasten zu ignorieren. Oder „lebenslänglich“ für Hackfleisch-Flyer. Dafür gehen auch pro Woche 10 Sekunden meiner Freizeit drauf. Und warum ist Fernsehwerbung überhaupt legal? Die muss ich ja auch wegdrücken, wenn ich sie nicht sehen will.

Mit ihren Plänen zum Anti-Spam-Gesetz will die SPD letztendlich nur mal wieder positive Schlagzeilen machen. Ob das etwas nützt, ist allerdings fraglich.

JUDITH LUIG

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