Hanau: Export unklar

Parteichefs erklären, Exportantrag werde noch geprüft. Grüne zuversichtlich, dass Verbot rechtlich möglich ist

BERLIN taz ■ Der neue SPD-Chef Franz Müntefering hat gestern dementiert, dass die Ablehnung des Antrages der Siemens AG auf den Export ihrer stillgelegten Hanauer Brennelementefabrik nach China bereits beschlossen sei. „Das ist falsch“, sagte Müntefering gestern nach der SPD-Präsidiumssitzung. Der Antrag werde noch geprüft. Dennoch wurden auch gestern wieder Gerüchte gestreut, Rot-Grün wolle die Ausfuhr nicht genehmigen.

Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte gestern nicht näher genannte Regierungskreise mit den Worten: „Es wird auf die lange Bank geschoben, mit dem Ziel, dass es sich dann erledigt.“ Am Wochenende hatte bereits der Spiegel von einer solchen Absprache zwischen Außenminister Joschka Fischer und Bundeskanzler Gerhard Schröder berichtet. Vor ein paar Wochen hatte die Leipziger Volkszeitung Ähnliches behauptet.

Auch der grüne Parteichef Reinhard Bütikofer dementierte gestern eine Einigung im Streit um Hanau. Es werde weiter geprüft, so auch die Sprachregelung bei den Grünen. Morgen steht ein Termin der zuständigen rot-grünen Bundestagsabgeordneten mit Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) an, auf dem die rechtliche Lage geklärt werden soll. Zwar biete das Außenwirtschaftsgesetz keine Grundlage, den Export zu untersagen, erklärte der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske gestern der taz. Allerdings machten das Kriegswaffenkontrollgesetz und die Dual-Use-Richtlinie „es aus unserer Sicht zwingend, den Export zu untersagen“.

Die Dual-Use-Richtlinie führt alle Exportgüter auf, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. In Anhang I sind auch Brennelementfabriken aufgeführt. Hat eine Regierung Zweifel an der späteren Verwendung, kann sie nach dieser Richtlinie den Export untersagen. Dieser Auffassung ist auch der Experte für Außenwirtschaftsrecht, Hans-Michael Wolffgang von der Universität Münster.

Derweil forderte Stefan Kolb, der Vorsitzende der Organisation „Ärzte zur Verhütung des Atomkrieg“ IPPNW, erneut ein Verbot des Exports. Eine Mehrheit der Deutschen sei dagegen, erklärte er mit Verweis auf eine Forsa-Umfrage. Demnach sind 58 Prozent gegen den Export – und nur 28 Prozent dafür. Der vom IPPNW initiierten Aktion „Hanau selber kaufen“ schlossen sich inzwischen 6.626 Menschen an. Sie verpflichteten sich, insgesamt 847.272 Euro aufzubringen, um die Anlage zur Not Siemens abzukaufen – und dadurch den Export zu verhindern. Die Anlage kostet allerdings 50 Millionen Euro. MATTHIAS URBACH