FDP will Härte gegen „Klau-Kids“

Eine Diskussion mit Vertretern kirchlicher Institutionen und dem Polizeichef bringt die Kölner FDP-Ratsfraktion nicht von ihrem Kurs ab: Junge Straftäter gehören weggesperrt

KÖLN taz ■ „Ein Tag in einem Jugendheim kostet 321 Euro, ein Tag im Knast 95. Aber wenn wir uns nicht rechtzeitig um kriminelle Jugendliche kümmern, verbringen sie als Erwachsene erheblich mehr Zeit in Haft als in einem Heim. Das kostet die Gesellschaft unterm Strich erheblich mehr.“

Siegfried Dreusicke, Geschäftsführer des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks in Berlin, versuchte das Argument, Heimunterbringung für straffällige Jugendliche sei zu teuer, in die richtige Relationen zu bringen. Das brachte zwar etwas Ruhe in die Diskussion, nahm ihr aber nicht die Schärfe. Eingeladen hatte die Kölner FDP unter dem Titel „Klau-Kids“, rund 60 Zuhörer waren am Montag Abend zur Podiumsdiskussion im Spanischen Bau gekommen.

Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen wiederholte zu Beginn die von Kritikern bezweifelte Statistik: die Zahl der Taschendiebstähle sei von 8.248 im Jahr 1993 auf 12.265 im Vorjahr gestiegen. Von den 150 Tätern unter 14 Jahren, die also strafunmündig sind, seien 145 „nicht-deutsch“, also Mitglied einer „ethnischen Minderheit. Sie wissen, wovon wir reden“, bemühte er sich um politische Korrektheit. Ulrich Breite, Geschäftsführer der FDP-Ratsfraktion, wusste es: „Die meisten Kölner Klau-Kids und ihre Eltern sind illegal nach Deutschland eingereist.“ Die Liberalen seien es gewesen, die dies vor drei Jahren zu einem öffentlichen Thema gemacht hätten. Vor allem aber die evangelische Kirche finanziere Institutionen, „die dafür sorgen, dass es weiter Klau-Kids gibt“.

Breite forderte eine schnelle Abschiebung und geschlossene Heime für junge Straftäter. Es hätte sogar schon Geld bereitgestanden für zwei solcher Einrichtungen. Stattdessen zahle das Land jetzt für „Lehrer und Unterstützervereine“: In der Kultureinrichtung „Schaworalle“ könnten „Klau-Kids künftig tagsüber spielen, um dann abends Omas zu überfallen“.

Einig war sich das Podium – dazu gehörten noch Rolf Söhnchen, Direktor des Remscheider Amtsgerichts, und Sigrid Jordan-Nimsch vom Ev. Fürsorgewerk –, dass bei Straffälligkeit möglichst schnell eingegriffen werden müsse. Auch sei die Zusammenarbeit mit den Eltern wichtig. In Köln allerdings sei es schwierig, die Eltern aus „ethnischen Minderheiten“ etwa wegen Vernachlässigung ihrer Fürsorgepflicht gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen, beklagte Steffenhagen. Straffällige Kinder müssten auch gegen den Willen ihrer Eltern in entsprechenden Einrichtungen untergebracht werden können, meinte Söhnchen und fand den Beifall des Publikums.

Skeptisches Interesse fand Jordan-Nimsch, Leiterin eines sozialpädagogischen Zentrums im brandenburgischen Schwedt. In der Abgeschiedenheit der Uckermark unterhält das Berliner Fürsorgewerk verschiedene „Rettungshäuser“ für straffällige Kinder und Jugendliche, auch für „ganz schwierige Fälle“. Nach der Maxime „Erziehung statt Strafe“ wird auf Zäune und Gitter vor den Fenstern verzichtet. Trotzdem werde eine Resozialisierungsquote von deutlich über 64 Prozent erreicht, so Jordan-Nimsch. Ob sie auch die Kölner „Klau-Kids“ aufnehmen könne, wurde Jordan-Nimsch hoffnungsvoll gefragt. Ihre frostige Antwort: „Warum sollen wir die aufnehmen? Wir können doch auch hier unsere Erfahrungen einbringen.“

Vielleicht gibt es Ähnliches bald auch in Nordrhein-Westfalen. Das Hürther Lazarus-Hilfswerk hat sich schon in Brandenburg umgesehen und sucht in Eifel und Hochsauerland nach geeigneten Standorten für entsprechende Jugendheime. „Es muss aber finanzierbar sein“, sagt Lazarus-Mitarbeiterin Christine Scheitz zur taz. Jürgen Schön