Buße in Brüssel – Microsoft muss zahlen

US-Softwarehersteller soll 497 Millionen Euro zahlen. EU-Kommissar Mario Monti erkennt Missbrauch der Monopolstellung bei Programm Windows

AUS BERLIN HANSJÖRG KISSEL

Auf das US-Softwareunternehmen Microsoft kommt das höchste Bußgeld zu, das jemals von der EU-Kommission verhängt wurde. Weil der Konzern seine marktbeherrschende Position bei PC-Betriebssystemen ausgeweitet haben soll, um andere Wettbewerber auf dem Softwaremarkt auszustechen, will ihm die Kommission eine Zahlung von 497 Millionen Euro aufbrummen.

Der endgültige Beschluss über die Summe wird jedoch erst heute bekannt. Ein Bußgeld in dieser Höhe sei für Microsoft nicht nachvollziehbar, sagte Konzernsprecher Lou Gellos gestern. Sollte die EU-Kommission die Zahlung billigen, werde der Konzern „sicherlich Berufung einlegen“.

Die Verhandlungen zwischen dem Softwaregiganten und EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti waren in der vergangenen Woche gescheitert. Viele Beobachter in Brüssel überraschte die Rekordbuße, denn die meisten hatten mit einer Summe zwischen 100 und 200 Millionen Euro gerechnet. Es hat den Anschein, als statuiere der oberste Wettbewerbshüter Europas ein Exempel an Gates’ Konzern – wobei Monti nicht einmal den größten Knüppel aus dem Sack gelassen hat. Nach geltendem EU-Recht können Wettbewerbssünder mit zehn Prozent ihres Jahresumsatzes abgestraft werden, was im Falle von Microsoft fast drei Milliarden Euro bedeuten würde. Zu dieser drakonischen Maßnahme hat die EU-Kartellbehörde bislang allerdings noch nie gegriffen.

Das Imperium unter Bill Gates steht damit an der Spitze der Bußgeld-Rangliste in der Europäischen Union. Bislang wurde diese vom Schweizer Pharmakonzern Hoffmann-La Roche angeführt, der Ende 2001 wegen der Beteiligung an einem Vitamin-Kartell 462 Millionen Euro abdrücken musste.

Dem weltweit führenden Softwarehersteller wird dieser finanzielle Stich aus Brüssel allerdings kaum wehtun. Weit schmerzhafter sind die Auflagen von Wettbewerbshüter Monti, denn Microsoft muss zentrale Codes seines Programms Windows offen legen, damit die Konkurrenten ihre Software problemlos mit dem Betriebssystem verknüpfen können. Außerdem muss der Software-Monopolist eine neue Version seines Betriebssystems, auf der die Multimedia-Software „Windows Media Player“ entfernt ist, zusätzlich anbieten. Andere Wettbewerber werden somit ihre Abspielprogramme in Windows integrieren können.

Das Bußgeld aus Brüssel könnte richtungsweisend für die Zukunft der Branche in Europa sein – angesichts des Software-Riesenkraken, der seine Tentakel bereits nach anderen Märkten ausstreckt. So plant Microsoft beispielsweise, das Betriebssystem Windows bis 2006 mit einer Suchfunktion auszustatten, um Unternehmen wie Google auszustechen. Diese Funktion wird den Wettbewerbshütern in Brüssel sicherlich erneut aufstoßen. Microsoft muss sich deshalb überlegen, ob der Ausschluss von Wettbewerbern langfristig sinnvoll ist.

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