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Nicht ganz falsch und nicht ganz richtig

Mit Fehlstellen und Täuschungen in der Bildinformation arbeitet Pet Bartl-Zuba, der in der Galerie Klara Wallner zu sehen ist. Dem Einbruch der Wirklichkeit in das Surreale scheinen seine großformatigen Zeichnungen geschuldet

Ein lässig gekleideter Typ läuft einen Baumstamm hoch. Ein Balanceakt, den er, ohne die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen, mal einfach so hinlegt. Doch die Haltung täuscht. Seine Hand steckt nicht in der Jeanstasche, sondern in einem dicken Ast, und wer weiß, vielleicht ist da sogar gar kein Arm, denn durch den Jackenkragen kriecht ein weiteres Stück Baum in den Anorak des jungen Mannes hinein. Das Ausstrecken der Arme, um die Balance zu halten, erübrigt sich so. Natur und Mensch sind fest verbunden, und nur die aufgefaltete Architektur der Baumkrone hängt etwas unvermittelt dazwischen.

„Teiler“ nennt Pet Bartl-Zuba seine großformatige Zeichnung auf weiß grundiertem Holz, die derzeit in einer Einzelausstellung in der Galerie Klara Wallner zu sehen ist. Das Blattwerk tut so, als wäre es eine Intarsie, dabei beruht es nicht auf einem Einschluss in das Trägermaterial, sondern auf einer Aussparung der Grundierung, die den hölzernen Untergrund sichtbar werden lässt. Der Baumstamm setzt sich akribisch aus lauter Bleistiftkullern zusammen, während der jungen Mann von Weitem fast wie eine ausgeschnittene Fotografie wirkt, so detailgetreu ist er gezeichnet.

Für seine surrealen Figurationen und Abstraktionen benutzt Pet Bartl-Zuba so ziemlich alles, was ihm in die Hände fällt. Selbst geschossene Fotos, Printmedien, Werbung, Stadtlandschaften und die Natur dienen ihm als Inspirationsquellen. Geschickt zerlegt er diese Vorlagen, verknüpft und ergänzt die gewonnenen Versatzstücke in groß- und kleinformatigen Zeichnungen zu komplexen Assoziationsfeldern.

Seit 2004 vertritt Klara Wallner den 1975 geborenen Künstler, der kurz vorher sein Kunststudium in Karlsruhe abgeschlossen hatte. Wie stets entwickelt er auch für seine aktuelle Show eine Skulptur, die in Beziehung zum Ausstellungsraum steht. „Säulengang“ nennt er eine begehbare Aussichtsplattform aus Rohspanplatten, die um eine Säule der Galerie herumgebaut wurde. Von diesem Beobachtungsposten aus lassen sich zwar alle Szenen im gesamten Galerieraum überblicken, fast wie vom Hochsitz das Wild, ergreifender bleibt aber der unmittelbare Einblick in die Bildwelten vom Boden aus. Die einzelnen Strich- und Punktverfahren der mit Bleistift, Buntstift und Filzstift collagierten Bilder sind genau auszumachen, so wie der Gebrauch von Aquarellfarbe oder das Aussparen ganzer Partien.

Pet Bartl-Zuba arbeitet mit Zitaten eines Realismus, der von alltäglichen und uns scheinbar vertrauten Geschichten ausgeht, während wir doch nie sicher sein können, was die Protagonisten tatsächlich erleben. Suggestion reiht sich an Suggestion, dazwischen schwirren abstrakte bis geometrische Gebilde und mischen sich elegant in das Geschehen ein. „Findling“ gehört dabei zu den imaginäreren Varianten. In eine Decke gehüllt, schwebt das Findelkind, ein Clown, von Splittern und einer endlosen Möbiusschleife umgeben, durch den Bildkosmos.

Zuweilen zeichnet sich der Künstler auch selbst in seine verspielt wirkenden Universen hinein. In „feeling inside“ steht er da und spannt ein buntes Schlingennetz um ein junges Paar, während der Schornstein, in dem sein Kopf steckt, die Wirklichkeitsnähe surreal bricht.

Es können aber auch gesellschaftspolitische Untertöne in der Verspieltheit und Leichtigkeit mitklingen. Dann strahlt Pet Bartl-Zubas Werk wie in „Spaß am Dienstag“ eine Direktheit aus, vor der gerade Erwachsene oftmals betreten zurückschrecken. Die Szene entstand in Anlehnung an einen Überfall auf einen Rollstuhlfahrer in diesem Sommer in Berlin. Sehen wir neben dem Opfer die Angreifer oder feige Passanten, und woher kommt das plötzliche Erdbeben, das den Schauplatz erschüttert?

Pet Bartl-Zubas Zeichenspiele erzeugen Bilder, die sich festsetzten und noch lange nach dem Betrachten in ihrer rätselhaften Art und Weise fortleben. Nicht ganz falsch und nicht ganz richtig sehen seine Welten dabei immer aus und zelebrieren ihren Zwischenstatus.

JULIA GWENDOLYN SCHNEIDER

FLASH/Love. Klara Wallner Galerie, Rudi-Dutschke-Str. 26, Di.–Sa. 11–18 Uhr, bis 20. Dezember

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