OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Die deutsche Wiedervereinigung aus der Sicht von Jean-Luc Godard: Die Deutschen, so meint der Regisseur, hätten aufgrund ihrer Vergangenheit Angst vor dem „Deutschen“ bekommen. Die Menschen im Westteil wären deshalb lieber Amerikaner geworden, im Osten habe man dagegen einfach 40 Jahre im Stillstand verharrt. „Allemagne Neuf Zéro“ (ein Wortspiel: nicht nur „Deutschland Neun Null“, sondern auch „Deutschland neu, am Nullpunkt“) kommt als eine komplexe Collage mit philosophischen und poetischen Gedanken zur Geschichte und Zukunft Deutschlands sowie Ausschnitten aus Filmklassikern und Wochenschauen daher. Hauptsächlich aber schickt Godard einen alten Bekannten auf die Reise durch den Ostteil des wiedervereinten Landes: Lemmy Caution (Eddie Constantine), der letzte Geheimagent – der, wie Hanns Zischler im Film bemerkt, wohl den „Rekord von Dornröschen gebrochen hat“ –, versucht, die Geheimnisse der Deutschen zu ergründen, ganz so, wie er einst ins ferne außerirdische „Alphaville“ reiste.
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Ein Fantasy-Spektakel mit Feinrippfetischist Bruce Willis, Milla Jovovich (sieht mit karottenroten Haaren aus wie Pippi Langstrumpf) und Oberschurke Gary Oldman (sieht mit Rechtsscheitel aus wie Adolf Hitler from Outer Space) inszenierte Luc Besson im Jahr 1997: In „Das fünfte Element“ verkörpert Willis einen kampferprobten Taxiflieger im 23. Jahrhundert, dem buchstäblich ein hübsches, geklontes und ziemlich außerirdisches Mädchen in sein Gefährt plumpst. Natürlich geht es bei der ganzen Sache um nichts anderes als die Rettung der Welt: Fünf außerirdische Elemente werden benötigt, um den Angriff eines bösen Killerplaneten noch abwehren zu können. So richtig ernst nimmt das hier allerdings niemand: Insbesondere das Finale auf einem interplanetaren Ferienort in Gestalt eines Kreuzfahrtschiffes ist einfach nur noch schrill, bunt und angenehm parodistisch.***
Ein Film mit einer seltsamen Geschichte, der gleichwohl verdeutlicht, wo die Interessen des japanischen Regisseurs Hiroshi Shimizu eigentlich lagen. „Hanagata senshu“ erzählt von Studenten, die eine Wehrübung veranstalten, unter ihnen auch ein Spitzensportler. Dieser erweist sich jedoch als ziemlich faul und wird ständig herausgefordert von einem Kommilitonen mit dem Wahlspruch „Gewinnen ist alles“. In einem kleinen Ort, in dem die Kompanie Rast macht, trifft der Sportler auf eine mittellose Musikerin, die gezwungen ist, sich zu prostituieren; zudem kommt es seinetwegen zu einer Schlägerei mit einigen durchreisenden Betrügern. Schließlich müssen ihn die Kommilitonen handgreiflich auf den „rechten Weg“ zurückführen. Wichtiger als die etwas merkwürdige Moral ist jedoch Shimizus Begeisterung für Landstraßen (die ständigen Hin- und Herbewegungen und verschiedenen Tempi, wenn die Kompanie von Kindern und jungen Frauen verfolgt wird, sind sehr witzig) und die Porträts der ganz alltäglichen Menschen, denen die Teilzeitsoldaten begegnen. LARS PENNING
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