Mein Freund ist Fleischer

Nachwuchsprobleme will das Metzgerhandwerk jetzt mit Pixi-Büchern bekämpfen

Undankbare Jugend. Lässt sich gern anfixen mit einem Wiener Würstchen oder einer Scheibe Bierschinken. Aber hinter der Aufschnitttheke stehen, am Fleischwolf oder Blutbottich, das will sie später nicht. Tiere tot machen ist doch kein Beruf, so denken die Bälger und verputzen einen Big Mäc nach dem anderen. Und Eltern, Lehrer und Jobberater bestärken sie noch: Fleischermeister willst du werden? Fleischfachverkäuferin? Dafür bist du nicht so lange zur Schule gegangen! Das ist ja eklig, blutig, brutal. Und überhaupt ganz schön kalt in den Kühlkammern. Von BSE gar nicht zu reden.

Kein Wunder, dass das Fleischerhandwerk Imagesorgen hat und über Nachwuchsprobleme klagt: Lehrlingsmangel, keiner will sich mehr quälen im Freizeitpark Deutschland, so heißt es unter Metzgern. Für den unbeliebten Job bewerben sich eher die schlechten Schüler. Die Kids haben bei dem Beruf eben nur Schmutz und Schlachten im Kopf. Oftmals lassen sich bloß noch die Söhne von Fleischermeistern zu Fleischern ausbilden, Fremdeinsteiger sind selten geworden. Und auch manchen Metzgersohn zieht es anderswo hin: Siehe Stefan Raab, Joschka Fischer, Franz Josef Strauß. Also fehlt im Fleischergeschäft das Fachpersonal an allen Ecken, und die Discounter rundum drücken mit Selbstbedienung die Preise. Wie aber angehen gegen alle diese Vorurteile – und das möglichst früh?

Den Reiz von Messern, Hackebeilen, Gummischürzen und Kettenhandschuhen kapieren eher ausgewachsene Fetischisten. Schon die Allerkleinsten aber gilt es zu erreichen, und zwar direkt am Point of Sale. Den Kindern muss klar gemacht werden, dass in der Fleischerei heutzutage Hightech regiert. Dass Party-Service und Catering allerhöchste Kartoffelsalat-Kreativität erfordern. Dass ohne kundenfreundliche Beratung (Schinken hat Vitamine!), BWL und Lebensmittelchemie samt Laptop heute nix mehr geht.

Ein Brocken Fleischwurst allein macht noch keinen potenziellen Metzgerlehrling. Also liegt da jetzt an der Kasse das Pixi-Buch „Ich hab einen Freund, der ist Fleischermeister“. 95 Cent kostet das nette Büchlein, eine rosige Gemeinschaftsproduktion von Fleischer-Verband und den Pixi-Machern vom Carlsen Verlag. Höhe der „Sonderauflage für das Fleischerhandwerk“: 50.000. Ein kleiner Rundgang durch die friedliche Welt des Wurstmachens, welcher mit der märchenhaften Zeile endet: „Und wenn ich groß bin, werde ich auch Fleischermeister.“

Damit will man, so heißt es beim Fleischer-Verband, den Kindern falsche Vorstellungen nehmen und ihnen zeigen, dass Fleisch und Fleischer „einfach dazugehören“. Beim Carlsen Verlag steht man zu der Zusammenarbeit, weil sich Pixi damit doch für den Mittelstand und den Laden an der Ecke engagiert – und gegen das Aussterben eines Handwerksberufs. Ein bisschen peinlich ist das den Pixies aber schon. Denn gleichzeitig betonen sie, dass so eine spezielle Kooperation im Rahmen der Berufe-Reihe nur ein, zwei Mal im Jahr stattfindet. Es geht, so sagen sie, „um den guten Willen, nicht um ein neues Geschäftsfeld“. Auch die Feuerwehr, die Bahn und Hersteller von Sonnenschutzmitteln durften sich schon direkt ans Kind wenden.

Blut kommt in dem Pixi-Büchlein übrigens nicht vor, nicht mal Blutwurst. Aber dafür der schöne Satz: „Hier kann man auch Käse kaufen!“

HANS-HERMANN KOTTE