Neue Protestformen für die Jungen gesucht

Diskussion über „Generationengerechtigkeit“ erbrachte nur Allgemeines zur Neufinanzierung der Sozialkassen

BERLIN taz ■ Es war nicht überraschend, dass Erfolgsautor Florian Illies den Konsens nicht mag, dass er findet, die 68er sollten sich selbst überdenken und die Jungen eine neue Form des Protests finden. Es war nicht außerordentlich, von verschiedenen Leuten die Ursachen dafür zu hören, dass die Deutschland in das Rentenloch saust. Interessant war am FU-Hauptstadtgespräch zum Thema „Generationengerechtigkeit“ vielmehr, wie gut sich Peer Steinbrück und Roland Koch verstehen würden.

Der nordrhein-westfälische SPD- und der hessische CDU-Ministerpräsident hatten in den vergangenen Wochen versucht, Zweier-Große-Koalition zu spielen, waren aber zurückgepfiffen worden.

Steinbrück und Roland Koch behielten gut für sich, wie einig sie sind. Zum Glück war der Deutschlandchef der Unternehmensberatung McKinsey, Jürgen Kluge, da, der den Sanierungsfall Deutschland als „sehr reizvolle Aufgabe“ empfindet und den Deutschen das japanische Denken empfahl, aus allem Tun Wert zu schöpfen.

Daran, wie die beiden Ministerpräsidenten auf solche Vorschläge reagierten, war ungefähr zu ermessen, wie sehr sie einander mögen. Kluge machte noch einmal jenen Vorschlag, mit dem Koch und Steinbrück in die Schlagzeilen geraten waren: Subventionen per Rasenmähermethode kürzen, das heißt ohne Ausnahme. Die beiden Ministerpräsidenten nickten, äußerten sich aber nicht. Als Kluge für Deutschland die Betriebsrente als eine von drei Pfeilern der Altersvorsorge pries, entgegneten ihm die beiden nacheinander, sie wollten die Altersabsicherung mehr über Steuern finanziert sehen.

Während Koch ansonsten nur Kluges Idee, im öffentlichen Dienst zu sparen, nicht so toll fand, war Steinbrück zusätzlich nicht einverstanden mit der Idee, die Sozialversicherungen zu Gewinn bringenden Versicherungen umzumodeln: „Solidarsysteme sind nicht dazu da, dass Sie mehr rausholen, als Sie reingesteckt haben.“ Koch erwiderte später auf Kluge, dass sie den Begriff „Freiheit“ des Einzelnen doch etwas weiter auslegen würden als die SPD.

Erstaunlich war weiter, wie wenig Roland Koch für sein Image tat. Falls Koch – wie selbst CDUler munkelten – die freundschaftliche Subventionsinitiative mit Steinbrück dazu nutzen wollte, sein Finsterlingimage loszuwerden für die Kanzlerkandidatur 2006, ist er an diesem Abend gescheitert. Wenn er beschwörend in die weit entfernt stehende Kamera schaute, wirkte er für die Zuschauer seltsam abwesend. Auf jeden Beitrag von Rürup-Mitglied Dominique Döttling reagierte er mit finster gesenktem Blick und lachte nur einmal zotig in Richtung Kluge, als sie sagte, die Deutschen hätten es 50 Jahre verschlafen, etwas für die Geburtenrate zu tun.

Am Ende sprangen ein paar jüngere Leute im Publikum auf, hielten Zettel hoch und riefen: „Niemand fragt die Betroffenen!“ In die Diskussion wurden sie aber nicht eingeschaltet. Eine neue Protestform, wie sie Illies auch in seinem demnächst erscheinenden Buch „Generation Golf zwei“ fordert, ist das offenbar noch nicht. MAREKE ADEN