Seine Dreifaltigkeit

Am Samstag moderiert der Scherzbold, Schleichwerber und gute Amerikaner Thomas Gottschalk „Wetten, dass …?“ – zum 100. Mal

Der Spaßvogel

Im März 2002 war’s, da hätte ZDF-Intendant Markus Schächter seinem besten Pferd im Stall fast die Beine gebrochen: „Thomas Gottschalk“, so Schächters fatal falsche Einschätzung im Focus, „braucht einen Gagschreiber.“ Gottschalk? Einen Gagschreiber? Beleidigt gab der älteste Teenager der Welt zu Protokoll: „Ich bleibe, wie ich bin!“

Recht hatte er, denn sein Sinn für Humor war stets das Unterpfand seiner Karriere. Kostprobe? Mit den legendären Worten „In diesem Alter verkühlt man sich ja leicht die Eierstöcke“ fertigte er in seiner Sendung „Na sowas!“ mal eine leicht bekleidete Greisin ab. Ein köstlicher kleiner Affront, in dem eine gewisse Fürsorge mitschwang.

Ähnlichen Zuschnitts sind seine zeitlosen Sottisen auch heute noch, wenn er am medialen Lagerfeuer von „Wetten, dass …?“ die Republik unterhält.

Wer „die ganze Familie“ unterhalten will, muss mit seinem Humor den Achtjährigen ebenso erreichen wie den Achtzigjährigen. Ein unmöglicher Spagat, den aber Gottschalk und nur Gottschalk beherrscht: Denn welcher schlechte Blondinenwitz wird von allen Generationen verstanden? Gottschalk. ARNO FRANK

Der Werber

Ist Thomas Gottschalk der Entertainer der Neunzigerjahre?, fragte der Spiegel. Das war 1987. Heute fällt die Antwort nicht schwer: Ja. Er war’s wirklich. Was für das neue Jahrtausend die Frage übrig lässt: Funktioniert „Wetten, dass …?“ immer noch wegen Gottschalk? Oder Gottschalk immer noch wegen einer Sendung, in die sich jeder hineinprojizieren mag, wonach ihm ist.

Fest steht: In jedem anderen Format seit „Wetten, dass …?“ hat die Plaudertasche versagt – ob „RTL Houseshow“, ob „Gottschalk in Amerika“. Allerdings immer so, dass der alles überstrahlende „Wetten, dass …?“-Lack nicht einen Kratzer abbekam. Für das ZDF hat er – gemeinsam mit Bruderherz Christoph – sogar einen ganz neuen Wirtschaftszweig erschlossen: die freundlichen Beistellungen Dritter. Von Handy bis Haribo: Beim „Gesichtsvermieter“ Gottschalk ist das keine Schleichwerbung, was medienpolitisch diskutiert wird, kümmert ihn kaum: „Was öffentlich-rechtlich diskutiert wird, interessiert mich nicht“, sagte Gottschalk: „Lieber arbeite ich mit Sponsoren zusammen, die uns die Kriegskasse füllen, als in Schönheit zu sterben.“

STEFFEN GRIMBERG

Der Amerikaner

Dass das ZDF gelegentlich Drehbücher in den USA einkauft, um sie dann hierzulande mit Martina Gedeck zu verfilmen, merkt keiner, der’s nicht weiß. Dass das ZDF aus den USA gelegentlich auch seinen Gottschalk einfliegt, damit er dann im deutschen Fernsehen um 20.15 Uhr moderiert, weiß indes jeder. Nur merken will’s keiner.

Der Gottschalk bleibt unser Thommy, Bayer aus Kulmbach, auch wenn er seine Bäckereifachfrau, bei der er morgens seine Brötchen holt, gewiss nicht mit „Grüß Gott!“ begrüßt (weil’s dort, wo er das tut, gar keine Bäckereifachfrauen gibt).

Ja, wer sieht in ihm denn den Mann, der Deutschland schon vor Jahren den Rücken gekehrt hat, um sich im schönen Malibu niederzulassen, und vor der Show schnell noch ein wenig in Bild-Zeitung und Bunte blättert, damit er auf dem Laufenden ist?

Und bestenfalls erweckt sein übereurovisionelles Flair sogar den Eindruck, als ob die großen Hollywoodstars, die ab und zu bei „Wetten, dass …?“ vorbeischauen, das echt nur seinetwegen tun. Und nicht etwa deshalb, weil sie bloß ohnehin gerade mal beruflich in der Gegend sind.

Wie er. CHRISTOPH SCHULTHEIS