Deutsche Spur verläuft im Sand

Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Anschläge in Madrid auch in Deutschland geplant wurden, erklärt die Bundesanwaltschaft. Stoiber für verschärftes Ausländerrecht. Festnahmen in Marokko

BERLIN/MADRID taz ■ Die Entwarnung kam an Nachmittag. „Nach den bisherigen Ermittlungen“, teilte die Karlsruher Bundesanwaltschaft mit, „kann eine Planung oder Vorbereitung der Anschläge von Madrid von Deutschland aus nicht bestätigt werden.“ Die „deutsche Spur“, die zu den Terroranschlägen in Madrid am 11. März führen sollte und die seit Donnerstagabend für Schlagzeilen sorgte, war mit einem Mal im Sande verlaufen.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte zuvor die Meldungen genutzt, um seine Forderung nach einer Verschärfung des Ausländerrechts zu bekräftigen. Sollte es sich bestätigen, dass in die Anschläge in Spanien gewaltbereite Islamisten aus Deutschland verwickelt gewesen sind, sei dies ein schlagender Beweis für die Sicherheitsforderungen der Union. „Gewaltbereite Islamisten müssen ausgewiesen werden, und zwar sofort.“ Bundesinnenminister Otto Schily erklärte dazu später: „Diese Art, uns als Hort und Hauptquartier der islamistischen Netzwerke aus aller Welt zu bezeichnen, ist schlicht falsch.“ Wer auf diese Weise dazu beitragen wolle, „auch in der Bevölkerung Unruhe zu stiften, den muss ich fragen, wie er es mit seiner Verantwortung hält“. Schilys Sprecher Rainer Lingenthal bekräftigte den „klaren politischen Willen“ der Bundesregierung, dass Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit darstellten, ausgewiesen werden.

Derzeit werde gegen einen 28 Jahre alten Marokkaner ermittelt, erklärte Generalbundesanwalt Kay Nehm weiter, der sich im Herbst 2003 vermutlich nur einige Tage in Darmstadt aufgehalten hat. Gegen den Mann werde wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und wegen anderer Delikte ermittelt. Der Marokkaner wurde zusammen mit drei weiteren Arabern – zwei Landsleuten sowie einem Syrer – festgenommen. Die Verhaftungen fanden am Mittwoch und Donnerstag statt. Nach Angaben eines spanischen Fernsehsenders wurden gestern zwei weitere Personen festgenommen. Damit sind den Ermittlern jetzt 20 Verdächtige in die Fänge geraten.

Im Zusammenhang mit den Madrider Anschlägen hat die marokkanische Polizei gestern mehrere Personen festgenommen. Dies teilte ein Regierungssprecher in Rabat mit. Die Festnahmen seien im Norden des Landes erfolgt. Angeblich wurden bei ihnen Pläne der Madrider Bahnhöfe gefunden. WG, RW

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