Afrikas Frauenheldin nimmt den Hut

Speciosa Kazibwe, Vizepräsidentin von Uganda und umstrittene Fürsprecherin unterdrückter Frauen, tritt entnervt ab

Nach außen war es ein ganz normaler Rücktritt. Ugandas Vizepräsidentin Speciosa Kazibwe bat Staatschef Yoweri Museveni, sie von ihrem Posten zu entbinden, damit sie eine Doktorarbeit an der „Harvard School of Medicine“ schreiben kann. Aber es war für Kazibwe typisch, dass niemand ihr diesen Grund so richtig abnahm. Zu viele Kontroversen hat Afrikas höchstrangige Politikerin in ihrer neunjährigen Amtszeit angefacht. Aber sie lässt ein Uganda zurück, in dem offener als irgendwo sonst auf dem Kontinent über Frauenthemen diskutiert wird.

Im März 2002 löste sie ein gesellschaftspolitisches Erdbeben aus, als sie sich von ihrem Ehemann Charles Kazibwe trennte. „Ich bin froh, einen Mann verlassen zu haben, der mich schlug“, sagte sie. Plötzlich war Gewalt in der Ehe, ansonsten in Afrika ein absolutes Tabu, ein Politikum. „Spe“, wie Speciosa Kazibwe im Volk genannt wird, wurde zur Heldin unterdrückter Frauen. Ihr Mann Charles konterte, seine Frau habe ihn sexuell geschnitten, seit sie 1994 Vizepräsidentin wurde. Dann gründete Sam Njuba, Wahlkampfleiter der Opposition bei Ugandas Präsidentschaftswahl 2001, einen Verein für Männer politisch aktiver Ehefrauen und sagte, er wolle mit Charles Kazibwe „Erfahrungen austauschen“. Letzterer wurde kurz darauf im Rahmen einer rabiaten gerichtlichen Schuldeneintreibung kurzzeitig festgenommen.

Speciosa Kazibwe war damit in ihrem Element. Die am 1. Juli 1955 geborene Katholikin aus dem Südwesten Ugandas hatte an der Universität Makerere Medizin studiert und dabei gegen Diktator Idi Amin Studentenproteste organisiert. Später, als Uganda im Bürgerkrieg versank, schloss sie sich Musevenis Rebellen an, die 1986 die Macht ergriffen. 1989 wurde sie Musevenis Vizeindustrieministerin, später Frauenministerin und 1994 stellvertretendes Staatsoberhaupt. Wegen des Verschwindens von Staatsgeldern, die zum Bau von Staudämmen gebucht waren, geriet sie in den Strudel eines Korruptionsskandals.

Ihre Autorität etablierte Kazibwe schnell, als sie bei ihrer ersten Parlamentsrede die stinkenden Socken ihrer männlichen Kollegen tadelte. Sie rief ständig Frauen dazu auf, sich gegen überhebliche und gewalttätige Männer zu wehren. Um des Ausgleichs willen kritisierte sie dann auch prügelnde Ehefrauen. Ihr Leitgedanke war immer: Wer öffentliche Ämter bekleidet, sollte erst mal seine persönlichen Probleme in den Griff kriegen.

Mit der Trennung von ihrem Mann und dem nachfolgenden, noch immer nicht beendeten Scheidungsverfahren fiel Speciosa Kazibwe aber hinter den eigenen Anspruch zurück und galt ihren Kollegen zunehmend als Belastung. Oppositionspolitiker Norbert Mao verlangte eine staatliche Untersuchung ihrer „Affären“, mit bewusstem Doppelsinn. Ihre Reaktion: soll er sie doch verklagen.

„Immer, wenn sie Schlagzeilen macht, geht es um einen Skandal“, kommentierte die Oppositionszeitung Monitor vor einem Monat, als erste Gerüchte einer Entlassung Kazibwes die Runde machten. Mit ihrem Rücktritt hat sie jetzt präventiv gehandelt – und sich das Recht auf lebenslange Pension gesichert. Das letzte peinliche Wort blieb ihrem Noch-Ehemann Charles vorbehalten: „Sie hätte mir wenigstens sagen müssen: Liebling, ich will wieder studieren.“

DOMINIC JOHNSON