Die Kurzentschlossene: Jana von Webel

Nur mit „Muffensausen“ hat die Wahlkampfkoordinatorin der Grünen in NRW ihren Vertrag unterschrieben. Von Webel will hinter den Kulissen wirken, ihre Produkte mit kritischer Distanz verkaufen – und niemals für die CDU arbeiten

Als ein alter Schulfreund Jana von Webel zum ersten Mal anrief, um sie für den Wahlkampf der Grünen zu gewinnen, scherzte sie noch: „Ich wusste gar nicht, dass ihr auch professionellen Wahlkampf macht“. Das war vor knapp drei Jahren, seit drei Wochen ist die 28-Jährige verantwortlich für den Wahlkampf der Grünen in Nordrhein-Westfalen.

Bis 2005 wird die studierte Publizistin die Wahlkampfaktionen koordinieren, Flyer und Plakate zusammenstellen, Helfer rekrutieren, Veranstaltungen organisieren – und sich immer wieder mit grünen Politikern treffen, um die beste Strategie für Europaparlament, Rathäuser und Landtag zu entwickeln. Ein „gewisses Muffensausen“ habe sie bei der Vertragsunterzeichnung gehabt, sich aber gedacht, „warum soll ich das nicht können?“

Erfahrung in Sachen Werbung und Wahlkampf hat die gebürtige Saarländerin längst: Als Presseassistentin arbeitete sie in Paris für Walt Disney, in einer Frankfurter Werbeagentur textete sie für Banken und Versicherungen, während des jüngsten Bundestagswahlkampfes arbeitete sie für das grüne Wahlkampfteam und organisierte eine Deutschland-Tour für „den Herrn Außenminister, den Joschka“. In der bierseligen Feierstimmung am Wahlabend trat sie den Grünen bei, an denen sie besonders die Diskussionskultur schätzt, auch wenn das „mal nerven kann“. Selbst in die Politik einsteigen will sie aber nicht: Dafür fehle es ihr an „Sendungsbewusstsein und Geduld“. Der Vorteil als Frau in der zweiten Reihe sei, dass sie nach Hause gehen und bis zum nächsten Morgen „Schluss ist“ sagen könne.

Ihre bisherige Karriere sei „leider nicht sehr zielgerichtet“ gewesen, sie sei „immer über Empfehlungen weitergereicht“ worden. Ändern will Jana von Webel das jedoch nicht, langfristige Lebensplanung liegt ihr nicht: „Es findet sich immer das nächste interessante Projekt.“ Ob Werbung für Politik oder Wirtschaft – für sie ist beides vorstellbar: „Ich will selbst etwas machen und andere dafür gewinnen.“ Im Studium habe sie oft gewitzelt, dass sie in der Werbung bereits ihre Seele verkauft habe, trotzdem bemühe sie sich um kritische Distanz zu den Inhalten, die sie verkaufen soll. Werbung für Waffen oder die CDU käme nicht in Frage.

Ein besonders feministisches Bewusstsein lässt Jana von Webel sich nicht nachsagen. In ihren Jobs habe sie oft beobachtet, „das Frauen sich unter Wert verkaufen – und da nehme ich mich nicht aus“. Die wichtigste Erfahrung aus diesen Beobachtungen: „Warte nie, dass Dich jemand fragt, ob Du befördert werden willst.“ Das Schöne an ihrem Berufsfeld sei der häufige Kontakt mit Menschen, auf einer einsamen Insel würde sie „eingehen wie eine Primel“: Ein Leben ohne Arbeit kann sie sich nicht, ein Leben mit Kindern nur schwer vorstellen. „Es ist schlimm, dass man sich rechtfertigen muss, wenn man keine Kinder haben will.“ Das Recht, nur ab und zu die Tante für die Kinder ihrer Schwester oder Freundinnen zu mimen, will sie sich nicht nehmen lassen. Und vielleicht, sagt sie mit einem Lachen, „treffe ich ja den Mann meiner Träume und bekomme doch mit ihm Kinder“.

NADIA LEIHS