Putzen als Gemeinschaftserlebnis

Am Aktionstag „Kölle Putzmunter“ befreien Freiwilligenbrigaden die Stadt von Müll

KÖLN taz ■ Es ist Großreinemachetag an diesem strahlenden Samstag. Zum dritten Mal begeben sich Freiwilligenbrigaden anlässlich der Aktion „Kölle Putzmunter“ in die Schmuddelecken von Kölle. Etwas abseits des Schrammaschen PR-Trubels, am Rheinufer im Nordosten, treffen sich insgesamt 100 Reinigungskräfte unter der Ägide des Bürgervereins Flittard. Männer, Frauen und Kinder sind mit Abfalllesezangen unterwegs. Ein Traktor mit Anhänger sammelt die gefüllten Mülltüten ein, ein Feuerwehrwagen koordiniert per Funk die Gruppen. „Wir machen hier den Dreck von anderen Leuten weg“, sagt Joachim Thiele von der Feuerwehr Dünnwald. Immerhin hat der Flittarder Einsatz für das Gemeinwesen eine gewisse Nachhaltigkeit: Sie räumen Hochwasser-Strandgut weg, und wenn sie Glück haben, dankt es ihnen Vater Rhein und bleibt ein Jahr lang in seinem Bett.

Anders ergeht es den Mädels von der Jugendtanzgruppe der Großen Mülheimer Karnevalsgesellschaft: 21 Handpaare haben am Wiener Platz seit morgens halb zehn akribisch Kippen und leere Pittermännchen aufgeklaubt. Und schon um halb eins sieht es aus wie immer: schmuddelig. Hier wird 12 Mal in der Woche das Pflaster gekehrt, einmal mehr fällt da gar nicht auf. Ulrich Verwrüggen von der Karnevalsgesellschaft will die Aktion trotzdem nächstes Jahr wiederholen. „Wir treten mit unserer Tanzgruppe an Karneval wieder auf, da hat das hier schon einen gewissen Aufmerksamkeitswert.“

Ein paar hundert Meter weiter ist die Mülheimer Müllgruppe am Start: Der Stadtgarten soll wohnlich gemacht werden. „Die Aktion Kölle putzmunter ist zwar nützlich, vor allem für Oberbürgermeister Schramma“, findet Rolf Bauerfeindt. „Aber nächste Woche liegt hier wieder genauso viel Müll.“ Die Gruppe hat sich vor einem halben Jahr gegründet, um etwas gegen die Mülheimer Vermüllung zu tun. Sie fordert aber auch die Politik. „Die Stadt muss in Kindergärten und Schulen die Kleinen mehr zur Müllvermeidung erziehen.“

Ein Gemeinschaftserlebnis ganz anderer Art haben 42 Mitarbeiter der FDK Köln. Die Tochtergesellschaft der Sparkasse Köln beschäftigt sich sonst mit Finanzmodellen. Heute fassen alle mit an und helfen dem Zirkuspädagogischen Zentrum am ehemaligen Riehler Freibad beim Renovieren. Sie haben ihren „Freiwilligentag“ mit der Aktion „Kölle Putzmunter“ zusammengelegt. Eine Terrasse wird gebaut, der Zaun gestrichen, der Boden des Zirkuszeltes neu lackiert, der Weg rollstuhlgerecht planiert.

„Das hätte ich mir nicht träumen lassen, Herrn Müller aus der Maklerabteilung auf einem Bagger zu sehen“, sagt FDK-Geschäftsführer Uwe Schäfer-Remmele. Verborgene Talente der Mitarbeiter seien zum Vorschein gekommen. „Wir haben plötzlich entdeckt, dass wir gelernte Schreiner unter uns haben. Das ist ein unglaublich starkes Teamgefühl“, findet er. Und will den Mitarbeitern die Arbeitszeit gutschreiben. „Unsere Gesellschaft ist mit ihrer Vollkaskomentalität am Ende“, ist Schäfer-Remmeles Meinung. „Der Spruch ,Haste ma'n Euro' zieht nicht mehr. Aber mit konkreter Nachbarschaftshilfe tun wir etwas für den Zusammenhalt der Gemeinschaft.“

Bis abends 18 Uhr klotzen die Buchhalter und Versicherungsmakler ran. Abends bedanken sich die Artisten dafür – mit einer Akrobatik-Show. Ob auch Versicherungen verkauft wurden, ist nicht bekannt. INGE BRUNNER