Eisbären behalten den Helm auf

Nach dem 4:1-Sieg am Sonntag gegen Ingolstadt stehen die Eisbären kurz vor dem Finale um den ersehnten Meistertitel. Maßgeblichen Anteil an der Erfolgsstory der Berliner haben vier Spieler aus den USA und eine neue Bescheidenheit im Team

VON DANIEL GOLDSTEIN

Kanada ist bekannt als das Mutterland des Eishockeys. Die Arbeitsplätze für Profi-Eishockeyspieler in der Heimat sind begrenzt. Deshalb gehen viele kanadische Profis ins Ausland. Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) ist ein beliebtes Anlaufziel für die zumeist großen und breiten und trotzdem technisch beschlagenen Kanadier.

Eine andere Gruppe von Landsmännern kam jedoch erst in den letzten Jahren vermehrt in die höchste deutsche Spielklasse: die US-Amerikaner. 18 Spieler aus den Vereinigten Staaten, vornehmlich aus den Bundesstaaten Michigan, Minnesota und Wisconsin, jagen in der DEL dem Puck nach. Die meisten davon beim EHC Eisbären Berlin. Die vier Wahlberliner, die allesamt schon einige Einsätze für das Team USA bestritten, spielen tragende Rollen beim Meisterschaftsfavoriten Nummer 1.

Dass diese Bezeichnung gerechtfertigt ist, bewiesen die Eisbären gestern mal wieder gegen den ERC Ingolstadt. Sie siegten mit 4:1 zum zweiten Mal im Halbfinale der Meisterschafts-Play-offs und können am Dienstag in eigener Halle die Endspiel-Teilnahme perfekt machen.

Zurück zu der US-Unterstützung: Zum 6:3-Sieg der Hohenschönhausener im ersten Halbfinalmatch am vergangenen Freitag gegen selbige Ingolstädter steuerten die Stürmer Kelly Fairchild und David Roberts ein Tor und zwei Vorlagen bei, und Verteidiger Keith Aldridge war wieder mal der Rackerer mit der meisten Eiszeit. Einer aber übertraf alle Kollegen. Mark Beaufait war mit zwei Toren und zwei Vorlagen überragender Spieler des Tages. Da wurde der mit 1,75 Meter für einen Eishockeyspieler recht klein geratene Mittelstürmer einige Zentimeter größer.

In der Vorrunde der vergangenen Spielzeit hatte Beaufait so viele Scorerpunkte wie kein anderer Spieler gesammelt. In den Play-offs 2003 blieb er dann allerdings blass. In dieser Saison hielt er sich in den 52 Vorrundenpartien ein wenig zurück, schlug aber in den Play-off-Spielen schon öfter zu. „Meine Rolle hat sich im Vergleich zur letzten Saison nicht geändert“, sagt Beaufait. „Ich spiele weiter Torpedo.“

„Torpedos“ sind jene Stürmer im System von Eisbärencoach Pierre Pagé, die beim Forechecking mit viel Schwung den Gegner schon beim Spielaufbau unter Druck setzen und zu Fehlern zwingen. In dieser offensiven Aufgabe fühlt sich Beaufait sichtlich wohl.

Insgesamt gehören die vier US-Amerikaner im Team der Eisbären zu den auch bei den Fans beliebten Akteuren. Mit den sieben Kanadiern verstehen sich die US-Amerikaner übrigens sehr gut.

Mark Beaufait teilt sich mit dem Kanadier Steve Walker bei Auswärtsfahrten ein Zimmer. „Es gibt aufs Eishockey bezogen kaum Unterschiede zwischen uns Amerikanern und den Kanadiern“, erzählt Beaufait. Assistenzkapitän Walker, der schon seit 2001 für die Eisbären stürmt, stimmt zu, fügt aber mit breitem Grinsen an: „Ja, aber wir sind dieses Jahr in den Play-offs nur so stark, weil wir wieder mehr Kanadier als Amerikaner sind.“

Diese nicht wirklich ernst gemeinte Aussage hat einen wahren Kern. Zwar nehmen sich der in die nordamerikansichen Profiliga NHL gewechselte US-Boy John Gruden und sein Ersatz Micki DuPont nicht viel, dafür ist der Kanadier Denis Pederson wesentlich stärker als John Emmons, der inzwischen seine Karriere beendet hat.

Doch nicht nur Pederson steigert die Berliner Chancen auf den Eishockeymeistertitel. Es ist auch die neue Bescheidenheit bei den Eisbären, die sich förderlich auswirkt. „Der Schlüssel zur Meisterschaft ist der Fokus“, sagt Mark Beaufait. „Wir dürfen jetzt weder an den Titel noch ans Finale denken. Wir müssen uns auf jedes Spiel konzentrieren, als wäre es das letzte.“

Noch im letzten Jahr überschätzten sich nicht nur die Nordamerikaner im Eisbärendress etwas. Da sprachen alle schon vor Beginn der Play-offs nur von der Meisterschaft. Auch jetzt sind die Spieler angetreten, den Titel zu gewinnen. Egal wie, egal wo, egal wann. „Hauptsache, wir schießen im letzten Spiel der Saison das letzte Tor, ob es nun ein Kanadier, Deutscher, Schwede oder Amerikaner ist, spielt dabei überhaupt keine Rolle“, sagt Kanadier Walker, und der „Ami“ Beaufait stimmt ihm heftig nickend zu.