Grüne drehen großes Rad

Berlin soll die Sternfahrt des ADFC wie die Love Parade touristisch vermarkten, fordert der Grüne Cramer. Er ist nicht allein: Tourismuswerber haben den Wert einer Fahrradhauptstadt längst entdeckt

VON UWE RADA

Was unterscheidet die Berliner Love Parade von der Sternfahrt des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC)? Nichts, meint der grüne Verkehrspolitiker Michael Cramer, zumindest nicht, wenn es um den weit über Berlin hinausreichenden Charakter beider Veranstaltungen angeht. Aus diesem Grunde fordert der passionierte Radfahrer und grüne Kandidat für das Europaparlament den rot-roten Senat auf, die Sternfahrt am 6. Juni wie die Love Parade touristisch zu vermarkten. „Das ist ein Event, das Berlin in ganz Europa bekannt machen würde“, sagte Cramer der taz.

Mit seiner Forderung stößt Cramer vor allem bei den Tourismuswerbern auf offene Ohren. „Fahrradfahren in Berlin kommt inzwischen in all unseren Broschüren vor“, sagt Natascha Kompatzki von der Berliner Tourismus Marketing GmbH. „Wir bewerben den Mauerradweg ebenso wie die Fahrradsternfahrt.“ Auch bei der diesjährigen Sternfahrt wird die BTM wieder die Werbetrommel rühren. Das kann Benno Koch, der Berliner Landesvorsitzende des ADFC, nur bestätigen. „Für die BTM war die Sternfahrt im letzten Jahr eine Woche lang das Event der Stadt“, freut sich Koch, der nebenbei auch der Fahrradbeauftragte des Berliner Senats ist.

Doch dieses Jahr soll das Event noch größer werden. „Statt der 100.000 Teilnehmer im letzten und vorletzten Jahr erwarten wir im Juni 250.000 Teilnehmer.“ So gebe es mittlerweile Radtouristen aus München, Moskau und London, die zur Sternfahrt nach Berlin kämen.

Für Koch liegen die Probleme inzwischen nicht mehr in der Vermarktung der Sternfahrt, sondern in den Möglichkeiten, mit dem Rad nach Berlin zu kommen. „Für diejenigen, die in Reichweite des Regionalverkehrs der Bahn liegen, ist das kein Problem. Im ICE dagegen kann man immer noch kein Rad mitnehmen“, ärgert sich Koch. Koch weiß sich damit mit Cramer einig, der schon seit Jahren fordert, eigene Mehrzweckwagen in den ICE zu integrieren. Doch die Bahn, so Michael Cramer, sage immer, das sei zu teuer. Dazu der grüne Verkehrspolitiker: „Ich will das gar nicht umsonst. Mit dem Flugzeug, an dem sich die Bahn sonst immer orientiert, kann ich mein Fahrrad zu jedem Flughafen der Welt mitnehmen. Aber auch diese fahrradfeindliche Position wird Herr Mehdorn nicht mehr lange durchhalten.“

Mit seiner Forderung, die Fahrradsternfahrt besser zu vermarkten, hat Michael Cramer Berlin aber auch attestiert, eine fahrradfreundliche Stadt zu sein. Zwar gebe es vor dem Hintergrund der jüngsten tödlichen Unfälle im Vergleich zu fahrradfreundlicheren Städten noch viel zu tun. Aber die Tatsache, dass Berlin inzwischen seinen Fahrradhaushalt auf 5 Millionen Euro erhöht hat, sei erfreulich.

Ähnlich sieht das auch Benno Koch. „Man darf Berlin nicht nur mit Städten wie Münster vergleichen, sondern mit den anderen europäischen Hauptstädten. Und da steht Berlin sehr gut da.“

Nur eines wird diesmal nicht klappen. Weder der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit noch Verkehrssenator Peter Strieder (beide SPD) werden am 6. Juni mit in die Pedale treten können. Die beiden werden ins Ausland verreist sein: mit dem Flugzeug.

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