schutzhaft
: Kein deutsches Guantánamo

Otto Schily hat einen Stein ins Wasser geworfen und beobachtet, welche Kreise er zieht. Gefährliche Ausländer, die nicht ausgewiesen und abgeschoben werden können, sollen nicht nur mit strengen Meldeauflagen versehen werden, sondern auch in „Sicherungshaft“ wandern. Was er damit meint, ließ er am Wochenende jedoch wohlweislich offen.

KOMMENTARVON CHRISTIAN RATH

Schon ist die Rede von einem „deutschen Guantánamo“. Doch Schily und sein Ministerium schwiegen. Vielleicht wollen sie diese Assoziation bewusst ein Wochenende lang im Raum stehen lassen. So kann Schily zunächst sein Image als „harter Hund“ stärken, um nach einigen Tagen wieder den Rechtsstaatsgedanken zu betonen.

Fakt ist: Die Polizeigesetze der Länder sehen bisher nur relativ knappe Möglichkeiten der Präventivhaft vor. In manchen Bundesländern sind es 48 Stunden, in Baden-Württemberg immerhin schon 14 Tage. Hier ist aber auch nach 48 Stunden ein richterlicher Spruch erforderlich – anders als in Guantánamo. Das Verfahren ist also einigermaßen rechtsstaatlich. Abzielen kann so ein „Unterbindungsgewahrsam“ auf punktuelle Gefahren, wie eine Demonstration oder einen Staatsbesuch. Für abstrakte Dauergefahren ist er nicht gedacht. Eine unendliches Präventiv-Gewahrsam wäre auch sicher unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Guantánamo hätte in Karlsruhe keine Chance.

Gemeint hat Schily, man kann ja nur raten, wohl eine Regelung im Ausländergesetz. Es gäbe dann eine spezielle Sicherungshaft nur für gefährliche Ausländer. Das wäre auch wohl nicht von vornherein unzulässig, wenn sie auf wenige Monate befristet wäre. Immerhin ist mehrmonatige Haft auch zur Vorbereitung einer Abschiebung möglich. Da dürfte eine konkrete Terrorgefahr wohl noch schwerer wiegen.

Dass es bei Ausweisung und Abschiebung immer um konkrete „tatsachengestützte“ Gefahren gehen muss, ist Schily und auch der Opposition allerdings klar. Die konkreten Vorschläge sind meist nicht so scharf wie die Äußerungen in der Boulevardpresse. Alles andere hätte vor deutschen Gerichten auf Dauer keinen Bestand.

Schilys Guantánamo wird also höchstens eine Präventivhaft für wenige, zeitlich befristetet, anwaltlich vertretene und gerichtlich genehmigte Einzelfälle sein. Und wenn die USA nach dem 11. 9. so reagiert hätten, wäre wohl auch aus Deutschland kein Protest gekommen.