silke burmester : Sind so kleine Rock ’n’ Roller
Pilawa, Geissen, Pflaume, Kerner und Beckmann bei „Beckmann“
Fünf Freunde wollte er sein. Deshalb hatte Reinhold Beckmann die „erfolgreichsten und beliebtesten Moderatoren der neuen Generation“ in seine Sendung eingeladen: Jörg Pilawa, Oliver Geissen, Kai Pflaume und Johannes B. Kerner und sich selbst. Ein Konglomerat der Selbstoffenbarung. Man erfuhr, dass Oliver Geissen sich als Journalist begreift und seine Daily-Talk-Sendung intern „Hausfrauenfalle“ heißt, „Unterhaltung mit dem Bauch geguckt wird“ (Pilawa), Johannes B. Kerner die Nachfolge Gottschalks anzutreten bereit ist und trotz aller Anfeindungen die taz so klasse findet, dass seine Hymne auf das Blatt die Einblendung „Werbesendung“ verdient hätte. Am Ende wurden die „Jungs“ (Beckmann) unruhig, weil sie alle dringend pinkeln mussten. Beckmann selbst zeigte sich betrübt, denn „das Feuilleton schaut auf uns runter“. Doch während das Kerner kaum kratzt, liefert der Moderator beste Gründe für die Ausgrenzung aus dem Garten der Hochkultur. Beckmann, der seine Sendung ohne Einleitung oder gar Zuschauerführung begann, hatte für seine Gäste folgende Fragen parat, nicht mehr und nicht weniger:
„Es hat so lange gedauert, euch zusammenzubringen. Hattet ihr Schiss?“
„Seid ihr gut befreundet?“
„Kennt ihr euch?“
„Skiurlaub mal gemacht, Olli?“
„Du hast deine Frau einfach so nach Amerika fliegen lassen?“
„Mehrere Tage?“
„Wir sind der Traum der Schwiegermütter – wie fühlen wir uns in dieser Schublade?“
„Sind wir nicht alle kleine Rock ’n’ Roller?“
„Was ist da passiert?
„Was hat dich getrieben in dem Moment?“
„Was ist das für ein Wolf in deinem Schafspelz?“
„Gibt’s schon?“
„Heißt das ins Schwiegermütterdeutsch übersetzt: Mama, Eierlikör und falsch Parken?“
Dann folgte der Satz: „Es machen sich so viele Gedanken über uns, warum wir so nett sind. Wir müssen mal die Zuschauer fragen.“ Und während Friedrich Nowotny repräsentative Ergebnisse einer gebührenfinanzierten Umfrage zu Sexappeal und Nervigkeit der Anwesenden verlas, haben wir uns an der Akademie für Publizistik in Hamburg umgeschaut. Die liegt nah an Beckmanns Studio und ist mit dem Fahrrad zu erreichen. Vom 6. bis 9. September findet dort das nächste Interviewtraining statt. Ein Anruf heute Morgen ergab, dass der Kurs so gut wie ausgebucht ist. In dringenden Fällen aber sei noch was zu machen. Dies ist ein dringender Fall.
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