Israel sagt Ja zur „Roadmap“

Die Regierung in Jerusalem stimmt nach langer und lebhafter Debatte dem Nahost-Friedensplan zu. Ministerpräsident Scharon lehnt eine internationale Konferenz ab, nicht jedoch ein anvisiertes baldiges Gipfeltreffen mit US-Präsident Bush

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Als die „weniger schlechte“ Wahl von zwei Möglichkeiten hat der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon gestern seinen Ministern den internationalen Friedensplan, die „Roadmap“, verkauft. Zwölf Minister stimmten für den Plan, sieben dagegen, vier enthielten sich der Stimme. Israel hatte zunächst 14 Änderungswünsche vorgelegt, die jedoch von den Palästinensern und der US-Regierung abgelehnt wurden. Allerdings will das Weiße Haus, so Scharon, bei der Umsetzung des Dreistufenplans die israelischen Vorbehalte „ernsthaft berücksichtigen“.

Scharon warnte im Verlauf der fast sechs Stunden dauernden Debatte die Minister vor einer „offenen Auseinandersetzung“ mit den USA und appellierte, dem Plan, der die Gründung eines Staates Palästina bis 2005 vorsieht, auch mit Blick auf die derzeitige Wirtschaftsmisere in Israel zuzustimmen. Finanzminister Benjamin Netanjahu, der zunächst gegen den Plan stimmen wollte, enthielt sich letztendlich der Stimme. Er sei nach wie vor überzeugt, dass die 14 israelischen Anmerkungen in dem Plan enthalten sein müssten. Dazu gehört die palästinensische Verzichtserklärung auf ein Rückkehrrecht der Flüchtlinge sowie eine Kontrolle der Umsetzung durch die USA. Justizminister Tommi Lapid (Schinui), der die „Roadmap“ für einen „schlechten Plan“ hielt, dem dennoch „eine Chance eingeräumt werden muss“, versuchte seine lebhaft debattierenden Kollegen zu beruhigen: „Dies ist ein erster Schritt zu der Möglichkeit, eine Regelung mit den Palästinensern zu erreichen. Sollte das nicht gelingen, kann der Prozess immer noch gestoppt werden.“

Nathan Scharansky, Minister ohne Aufgabenbereich, beunruhigte vor allem der Zeitplan. Bereits in der ersten Phase der „Roadmap“ ist die Gründung eines Palästinenserstaates in temporären Grenzen vorgesehen. Scharansky warnte, dass bis dahin der palästinensische Reformprozess noch nicht abgeschlossen sei und Israel leer ausginge. Scharon versuchte, diese Sorge zu zerstreuen, indem er erklärte, dass „der Zeitplan nicht ernstzunehmen ist“, wie der liberale „Maariv Online“ zitierte.

Ungeachtet der positiven Regierungsentscheidung und Scharons Sorge um das israelisch-amerikanische Verhältnis will der Regierungschef nicht an einer internationalen Konferenz zur „Roadmap“ teilnehmen, die die USA für Anfang Juni planen. Dementgegen begrüßte Scharon die Initiative von US-Präsident George W. Bush, in Kürze ein Gipfeltreffen mit dem palästinensischen Premierminister Machmud Abbas (Abu Masen) unter Beteiligung Ägyptens und Jordaniens abzuhalten.

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