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: Die Verhöhnung Mayer-Vorfelders

Hat diese Bundesliga-Saison irgendeine Erkenntnis gebracht? Bayern München ist zu reich und zu gut für die Liga – das ist nicht neu. Mit Cottbus, Nürnberg und Bielefeld stiegen die Clubs mit der geringsten spielerischen wie finanziellen Substanz ab – auch das war bekannt. Aber was ist mit dem VfB Stuttgart, dem finanziell klammen Vizemeister und Neuling in der Champions League? Ja, der war die einzige Überraschung dieser Saison.

Kommentar von THILO KNOTT

Jetzt klammern sich alle in der Liga an das „Modell VfB Stuttgart“: an die Hinwendung des Vereins zu Spielern aus der Region, um die Identifikation mit dem Club zu erhöhen. An die Verjüngung der Mannschaft, weil dies eine bessere Zukunft verspricht. Das Modellhafte, das manche in diesem Konzept erblicken, hat durchaus zum momentanen Erfolg des Vereins beigetragen, einerseits. Andererseits musste nach dem Wegfall von Kirchs Fernsehmillionen auch eine neue Sinngebung her. Mit Stuttgart überwand die Fußballgemeinde ihre Ratlosigkeit und konnte die Diskurslücke des letzten Jahres füllen, die auf das Ausbleiben des großen Geldes folgte.

Geben wir uns keiner Illusion hin: In einer niveauarmen Saison kann auch Stuttgart Vizemeister werden. Das gelingt sogar mit 16 Millionen Euro Schulden, die es verboten haben, Qualität zuzukaufen. Gezwungenermaßen hat der VfB auf die vereinseigenen Jungen Wilden gesetzt – die dann einen formidablen Job gemacht haben. Ein Wechsel hin zu neuer und auch erfolgreicher Bescheidenheit ist das allerdings nicht. Nach wie vor wird es Ausrutscher wie den VfB geben, aber an der Gesetzmäßigkeit des Bundesliga-Fußballs wird dieser Coup nicht rütteln: dass nur ein hoher Etat Qualität und Erfolg sichert, und zwar dauerhaft. Siehe Bayern München oder Borussia Dortmund.

Immerhin: Der Stuttgarter Überraschungserfolg verhöhnt im Nachhinein das „Modell Mayer-Vorfelder“. Der momentane DFB-Präsident und Exchef des VfB Stuttgart wollte aus einem mittelprächtigen Bundesliga-Club ein zweites Bayern München kreieren – mit einem finanziellen Gewaltakt zugunsten des Profibestands, der darin endete, dass die Staatsanwaltschaft ermittelte und der Verein mit immensen Schulden auskommen musste. Wenn der VfB Stuttgart also etwas Modellhaftes vollbringt, dann dies: Ein Mittelklasseverein kann es einmal bis fast ganz nach oben schaffen und im oberen Drittel bleiben – wenn der Größenwahn à la Mayer-Vorfelder im Abseits bleibt.

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