Castoren nach Ahaus rollen schon Anfang Juni

Sachsens Landesregierung macht Druck: Antrag auf Sicherung der Atommüll-Transporte liegt NRW-Innenministerium bereits vor. Landesregierung sucht weiter nach juristischen Möglichkeiten, die Lieferungen doch noch zu verhindern

DÜSSELDORF taz ■ Im Streit um die Atommüll-Transporte ins Zwischenlager Ahaus erhöht die sächsische Landesregierung ihren Druck auf Nordrhein-Westfalen: Die Castoren aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden sollen bereits ab 1. Juni rollen. Ein entsprechendes Schreiben der mit den Lieferungen beauftragten Firma „Nuclear Cargo+Service“ liegt NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) nach taz-Informationen seit gestern Mittag vor – die nordrhein-westfälische Polizei wird bis zu 18 Autobahn-Transporte sichern müssen. Die Voraussetzung hatte das dem Bundesumweltministerium unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Montag Abend geschaffen: Trotz zweiwöchigem Moratorium hatte die Behörde die Transporte genehmigt.

Juristen der Düsseldorfer Staatskanzlei sowie aller beteiligten Ministerien suchen nun fieberhaft nach rechtlichen Möglichkeiten, die Lagerung des hochgiftigen Atommülls in Ahaus doch noch zu verhindern. Im Gespräch seien eine Verweigerung der Transportgenehmigung oder Straßenbenutzungsgebühren für „Nuclear Cargo + Service“, bestätigte Lothar Wittenberg, Sprecher von Landesenergieminister Axel Horstmann, der taz. Darüber hinaus könnte die mindestens 50 Millionen Euro teure Sicherung der Castor-Transporte gegen die Landesverfassung verstoßen: Die Landesregierung hat mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2004/05 die „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ erklärt – weitere Mittel für massive Polizeieinsätze stehen nicht zur Verfügung. „Wo sollen wir plötzlich 50 Millionen Euro hernehmen“, fragt nicht nur Rüdiger Sagel, atompolitischer Sprecher der Grünen.

Auch die Anti-Atom-Initiativen erneuerten ihre Kritik. Ihre Forderung: Die nordrhein-westfälische Landesregierung müsse weitere Atommüll-Einlagerungen in Ahaus für „politisch nicht durchsetzbar“ erklären. „Es gibt Beispiele für ein solches Vorgehen“, so Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Kein Atommüll in Ahaus: Niedersachsen habe mit dieser Begründung auf die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Gorleben, Bayern auf die WAA Wackersdorf verzichtet.

Die Initiativen wollen „alle Möglichkeiten der Transportverhinderung“ nutzen: Gegen die Genehmigung des BfS hat Ruwe bereits Widerspruch eingelegt. Außerdem wollen die Atomkraftgegner die Castor-Transporte mit Autobahnblockaden und anderen Aktionen verhindern: „Schönes Wetter und warme Temperaturen begünstigen den Widerstand gegen diesen unsinnigen Atommülltourismus enorm.“ ANDREAS WYPUTTA